Ein Gamedesigner schafft Erlebnisräume – Teil 2
05.12.2012
Prof. Dr. Linda Breitlauch von der Mediadesign Hochschule für Design und Informatik GmbH, Düsseldorf im Interview mit Anne Schulz, AIM Linda Breitlauch, MD.H Düsseldorf
Funktion: Professorin und Fachbereichsleiterin Game Design bei der Mediadesign Hochschule für Design und Informatik in Düsseldorf Ausbildung: Studium der Betriebswirtschaftslehre. Studium Drehbuch und Dramaturgien, anschließende Promotion an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg / Humboldt Universität Berlin dem Schwerpunkt „Dramaturgie in Computerspielen“
Was lieben Sie an Ihrem Beruf?
Alles – ist zu wenig, ja? In erster Linie: Jungen Menschen ihren Traum zu ermöglichen. Damit sie ihre eigene Gedanken und Ideen entwickeln können. Ein bisschen Selbstverwirklichungs-Prozessbegleiter. Es ist faszinierend, wenn die Studierenden zum ersten Mal zusammen sitzen und das Gefühl haben: Ich bin endlich von Menschen umgeben, die auch den ganzen Tag über Spiele reden möchten. „Ich muss das nicht hinter vorgehaltener Hand sagen. Ich kann endlich in dem Bereich arbeiten, wo ich schon immer hin wollte“. Ich liebe an meinem Beruf, dass ich ihn in der Gamesbranche ausüben kann. Die Filmbranche ist spannend, aber da gibt es eher Hierarchien. Die Gamesbranche kennt keine Starallüren. Unsere Stars sind die Spielfiguren und nicht irgendwelche Schauspieler. Das macht die Menschen in der Gamesbranche ein bisschen bodenständiger.
Was schieben Sie auch mal vor sich her?
Papers und Veröffentlichungen. Dazu komme ich oft erst, wenn die Arbeiten und Betreuungen für Vorlesungen und die Studenten einigermaßen abgeschlossen sind. Auch ein Buchprojekt liegt im Moment leider etwas auf Eis.
Wer hat sie in ihrer Berufskarriere am meisten bisher beeindruckt?
Da würden mir viele einfallen. Ich habe mal das Glück gehabt, Richard A. Bartle, an unserem Standort in Berlin zu erleben. Richard A. Bartle ist einer der Urheber des Online-Rollenspiels und lehrt in Essex. Ein fast vierstündiger Vortrag, ohne Pause. Alle zwanzig Folien fragte er: Möchtet ihr eine Pause? Nein, möchtet ihr nicht, dann machen wir weiter. Die Studenten wie festgenagelt sitzengeblieben. Oder der Gamedesigner Will Wright. Aber es gibt auch Studenten, die mich wirklich nachhaltig beeindruckt haben. Die Liste wäre ja schon relativ lang.
Haben Sie einen Lieblingsort in NRW?
?Schloss Burg bei Wermelskirchen, mitten im Bergischen. Ich liebe es, mit der Seilbahn hoch zu fahren und im Wald zu wandern. Da ist eine wunderbare Aussicht: Auf den Stausee und den Wald und es gibt einen Antiktrödelladen mit Ritterflair.
Was bedeutet NRW als Games-Standort?
Es ist ein ganz wichtiger Standort für Games, der aber durchaus noch Stärkung vertragen könnte. Wir haben hier in NRW viele Kreativzentren, kleine Entwicklerstudios, die gamescom, den Entwicklerpreis. Wir haben NRW eine große Breite, wo man sich auch als Entwickler wohl fühlt. Aber bei den Fördermöglichkeiten fehlt vielen der Überblick. Das sollte besser vernetzt und kommuniziert werden.
Sie werden überraschend Medienministerin in NRW. Was wäre Ihre erste Amtshandlung?
Ich würde mich für eine Demokratisierung innerhalb der einzelnen Medien einsetzen. Und ich würde versuchen, die Köpfe, die Initiativen, die Kompetenzen und Interessen zusammen zu bringen. Einen Ort anbieten, wo eine Vernetzung möglich ist. Eine Art runden Kreativ-Tisch, wo Politiker, Entwickler, Publisher zusammen sitzen und etwa über Spiele-Förderung nachdenken. Es geht nicht nur um Geld, sondern es geht auch darum, über Kulturförderung nach zu denken. Spiele als Kultur und Kunstform zu etablieren. Verständnis dafür zu schaffen, dass Spiele ein gleichrangiges Kulturgut sind und gleichrangig mit anderen Medien Unterstützung erfahren sollte.
Wenn man in die Gamesbereich beruflich einsteigt, braucht man ..?
Eine gute Qualifizierung. Eigenständiges Denken ist wichtig: Im Design gibt es kein richtig und falsch, es gibt vielmehr eine ReihBeitrag ansehene von Entscheidungen, die man begründen muss. Man sollte sich darüber klar sein, dass es kurz vor dem Release ziemlich stressig werden kann. Wichtig ist außerdem, eine realistische Einschätzung der eigenen Kompetenzen, des eigenen Talents zu haben und ein eigenes Profil, einen eigenen Stil zu erarbeiten. Dafür ist ein Studium wichtig, damit man sich ausprobieren kann. Und von Anderen eine Einschätzung zu bekommen. Und wer in die Branche einsteigen will, braucht natürlich ein schönes Portfolio von Projekten.
Was braucht man langfristig?
Leidenschaft für Games und den Mut, seine Leidenschaft auszuleben. Und ein anderes Hobby, um seine Sichtweise auf die Welt immer wieder neu zu definieren. Wandern, Bienen züchten, Reisen...
Auf welches Medienprodukt könnten Sie am wenigsten vezichten?
Computerspiele oder das Internet? Ich bin mir nicht ganz sicher. Im Netz kann man ja auch spielen. Ich selbst bin kein Intensiv-Surfer. Aber wenn ich bedenke, dass ich meine Doktorarbeit ohne Netz-Recherche geschrieben hätte. Unglaublich!
Welches aktuelle Projekt, Produkt sollte man auf keinen Fall verpassen?
Ich kenne keinen einzigen Gamer, der nicht gerne ins Kino geht oder Bücher liest. Mein Lieblingsbücher sind momentan „Daemon“ und der zweite Band „Darknet“ von Daniel Suarez. Da wird erzählt, wie die Welt aussehen würde, wenn wir alle Teil eines großen Spieles wären. Es ist so unglaublich gut durchdacht und es beinhaltet neben einem wirklich hervorragenden Blick auf die Welt wie sie heute ist eine hochintelligente Gesellschaftskritik. Auch für Leute, die keine Computerspiele spielen, übrigens. Das Buch sollte man nicht verpassen.
Welchen anderen (Medien-)Job würden Sie gerne mal ausprobieren?
Ich habe ja schon beim Film und beim Theater gearbeitet. Wenn ich die Chance hätte, würde ich gerne mal auf der Bad Hersfelder Bühne den „Faust“ inszenieren. Aber ich wäre auch gerne Buchbinderin geworden. Mit den Leder-Folianten, dem Geruch von Leim. Vielen Dank für das Gespräch! Das Gespräch führte Anne Schulz, AIM. Link: http://www.aim-mia.de/