Ethische Aspekte von Public Relations, Werbung und Onlinekommunikation
06.11.2014
In dem Beitrag werden ethische Leitlinien der Medien- und Unternehmenskommunikation skizziert. Dabei reicht das Spektrum vom Journalismus über die Öffentlichkeitsarbeit bis hin zur Werbung. Zudem werden normative Ansprüche an die Online-kommunikation aufgezeigt.
1. Zur Relevanz einer verantwortungsbewussten Unternehmensethik
Die angewandte Ethik besitzt die Aufgabe der Reflexion und Steuerung in Fällen moralisch fragwürdiger Entwicklungen. Dort geht es um eine offene Debatte mit Argumenten und Begründungen, um im Rahmen eines diskursiven Verfahrens Kriterien bereitzustellen und konkrete Probleme zu lösen (Schicha & Brosda 2010). Die Unternehmensethik soll einen systematischen Beitrag zur Beurteilung potenzieller moralischer Verfehlungen leisten und sich dabei auf ein philosophisch fundiertes Kategoriensystem beziehen, das normative Kriterien für den angemessenen Umgang mit kommunikativen Inhalten formuliert und klare Verantwortungszuschreibungen vor-nimmt.
Es wird von Unternehmen erwartet, dass sie sich ihrer gesellschaftlichen Verantwor-tung bewusst sind und neben den ökonomischen Gewinnzielen auch ökologische und soziale Ansprüche beachten und kommunizieren. Entsprechendes Agieren wird unter dem Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) subsumiert (Karmasin & Weder 2008; Raupp et al. 2010, Rademacher 2010). Eine Aufgabe der Unternehmensethik besteht darin, Nebenwirkungen wirtschaftlichen Handelns vorausschauend zu antizipieren und sich mit Fragen der Güterabwägung bei konkurrierenden normativen und ökonomischen Ansprüchen auseinanderzusetzen. Dabei besteht die Aufgabe der Unternehmenssethik nicht darin, Moralprinzipien zu begründen und zu entwickeln, denen sich ein Konzern unterzuordnen hat. Vielmehr soll im Sinne einer praktischen Handhabung dargelegt werden, wie ökonomische und moralische Normen in der unternehmerischen Praxis miteinander vereinbart werden können. Aufgrund der negativen Effekte, die das Unternehmen verursachen kann, trägt es die Verantwortung für sein Handeln oder Unterlassen, auch wenn die negativen Konsequenzen etwa im Bereich der Luftverschmutzung oder bei der Lagerung von Abfällen erst für zukünftige Generationen zum Tragen kommen werden.
Die Verantwortungsethik richtet ihren Blick also auf die Einschätzung von Handlungsfolgen (Förg 2004; Schranz 2007). Wirtschaftsunternehmen stehen im Blickpunkt des öffentlichen Interesses und unterliegen einer permanenten Dauerbeobachtung durch die Medien. Ein schlechtes Image oder ein Skandal kann die Reputation nachhaltig zerstören und damit auch die Existenz des Unternehmens gefährden (Althaus et al. 2005). Insofern ist es von zentraler Bedeutung, dass sich die Unternehmen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sind und dies auch offen kommunizieren. Die Übernahme von Verantwortung stellt die Erfüllung von Ansprüchen dar, Versprechen für eine öffentliche Bezugsgruppe zu halten. Nicht nur der Staat (Legalität) und der Markt (Wettbewerb) sind für die Einhaltung von ethischen Regeln zuständig, sondern auch die Unternehmen selbst (Karmasin 2010). Hierbei lassen sich unterschiedliche Verantwortungsstufen voneinander trennen. Zunächst ist der einzelne Beschäftigte auf allen Ebenen im Unternehmen eigenständig verantwortlich für sein Handeln (individualethische Verantwortung). Auf einer weiteren Stufe können Unternehmen sich durch die Vorgaben von Selbstkontrollinstanzen wie dem PR-Rat (Avenarius & Bentele 2009) oder dem Werberat (Deutscher Werberat 2012) eigene Richtlinien geben, die ein verantwortliches kommunikatives Handeln des Unternehmens festschreiben (Gruppenverantwortung). Weiterhin existieren firmeninterne Unternehmensleitlinien, Führungsgrundsätze, Unternehmensverfassungen und Geschäftsgrundsätze, die z.T. bereits in den Arbeitsverträgen ihrer Beschäftigten normative Leitlinien vorgeben (vertragliche Verantwortung). Derartige Vorgaben wie z.B. Transparenz und Respekt finden sich zum Beispiel in den Richtlinien beim Getränkekonzern Coca-Cola (Fink et al. 2012). Schließlich gibt es eine Reihe von Verbraucherschutzorganisationen, die als Anwälte der Kunden klassifiziert werden. Dabei reicht das Spektrum von den Verbraucherzentralen über Greenpeace bis hin zu Food-Watch („Watchdog“-Verantwortung).
Diese Differenzierung ist von zentraler Bedeutung, um bei der ethischen Beurteilung von Konfliktfeldern in der konkreten Praxis Möglichkeiten der Adressierung von Verantwortungszuschreibungen und Handlungsorientierungen zu bieten und im Sinne einer Arbeitsteilung Interdependenzen und Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen Ebenen aufzuzeigen. In der Praxis kommt es nicht darauf an, ethische Werte zu setzen, sondern Entscheidungsprozesse bei konkreten Handlungsalternativen zu organisieren. Dabei ist zu differenzieren, ob Unternehmen Verantwortung nur dann signalisieren, wenn sie sich daraus einen Nutzen im Verständnis eines Tausch-geschäftes erhoffen oder ein grundlegendes proaktives gesellschaftliches Eintreten zeigen, das weit über die Befolgung von Gesetzen hinausgeht. Nur dann wird dokumentiert, dass sich Unternehmen neben ihren wirtschaftlichen Aufgaben auch ihrer sozialen Verantwortung innerhalb der Gesellschaft stellen. Derartiges Agieren geschieht in der Regel nicht uneigennützig, sondern dient auch als strategisches Kommunikations-Instrument, um die Akzeptanz des Unternehmens nach innen und au-ßen zu sichern (Schicha 2010).
2. Aufgaben der PR-Ethik
Die PR-Ethik richtet ihren Blick auf die Auftragskommunikation von Wirtschaftsunternehmen, Verbänden und Non-Profit-Organisationen. Hier spielen in ethischen Debatten seit Jahrzehnten abstrakte Kategorien wie Glaubwürdigkeit, Vertrauen, Wahrhaf-tigkeit und Transparenz als ethische Leitbilder eine zentrale Rolle (Graf Zedtwitz-Arnim 1961). Dass eine PR-Ethik grundsätzlich erforderlich ist, wird weder in der Be-rufspraxis, noch in der Wissenschaft bestritten, da die Presse- und Öffentlichkeit viel-fach als Profession angesehen wird, die mit unlauteren, manipulativen, unglaubwür-digen und unseriösen Methoden arbeitet (Röttger et al. 2011; Bentele 2005). Es wird unterstellt, dass in vielen Fällen Informationen zurückgehalten werden, Schönfärberei betrieben oder zu spät kommuniziert wird und die geforderte Transparenz demzufolge ausbleibt. Vielmehr gebe es eine zu beobachtende Diskrepanz zwischen Informationen und Fakten. Hinhaltetaktiken und Ablenkungsmanöver seien an der Tagesordnung. Insofern hält sich das Vertrauen in die PR-Arbeit in der Regel in Grenzen. Gleichwohl besitzen die PR-Fachleute die Aufgabe, als Mittler zwischen den Organisationen, für die sie arbeiten und den Teilöffentlichkeiten, an die Informationen vermittelt werden, so zu kommunizieren, dass wechselseitiges Verständnis, Akzeptanz und Vertrauen erreicht werden können (Förg 2004). In diesem Zusammenhang darf aber nicht übersehen werden, dass die Öffentlichkeitsarbeiter in erster Linie ihrem Unternehmen, für das sie arbeiten, verpflichtet sind. Dennoch hat die Öffentlichkeit den Anspruch, umfassend und wahrheitsgemäß informiert zu werden. Im Gegensatz zum Journalismus besitzt die auf die Selbstdarstellung zentrierte PR aber nicht in erster Linie die Aufgabe, von einem unabhängigen Standpunkt aus investigativ zu berichten und diesbezüglich eigene Recherche zu betreiben. „Die journalistischen Aufgaben der umfassenden und ausgewogenen Berichterstattung sowie der Kritik von Missständen müssen PR-Praktiker allerdings nicht erfüllen.“ (Förg 2004: 180)
Es existiert ein ethisch relevantes Spannungsfeld zwischen dem Journalismus und der Öffentlichkeitsarbeit, der in dem Leitsatz „Journalisten machen keine PR“ zum Ausdruck kommt. Diese Aussage findet sich in den Leitlinien vom Netzwerk Recherche (Netzwerk Recherche & Schnedler 2011). Sie hat eine kontroverse öffentliche Diskussion ausgelöst. So wird kritisiert, dass freie Journalisten auch im PR-Bereich arbeiten und Pressemitteilungen für Wirtschaftsunternehmen verfassen. Dies ist aber nur dann zulässig, wenn die PR-Berichte namentlich gekennzeichnet werden und die journalistische Arbeit sich auf die Bereiche konzentriert, die sich nicht mit den PR-Aktivitäten überschneiden, um Interessenskonflikte zu vermeiden. Es ist also zu differenzieren zwischen dem Journalismus, der die Aufgabe besitzt, die Öffentlichkeit umfassend und unabhängig zu informieren und der PR, die ihrem Auftraggeber gegenüber verpflichtet ist und die Unternehmensinteresen zu vertreten hat. Dass Journalisten sich auch an redaktionelle Leitlinien halten müssen und ebenfalls in einen Interessenkonflikt mit den ökonomischen Vorgaben ihres Mediums geraten können, wenn sie kritisch über einen Anzeigenkunden berichten, der dann ggf. seine Inserate zurückzieht, trifft ebenfalls zu. Grundsätzlich sollten Wirtschaftsunternehmen, die Anzeigen schalten, natürlich keinen Einfluss auf die Berichterstattung ausüben. Ein grundlegendes Problem stellt auch die Übernahme von PR-Material ohne Angabe der Quelle für einen redaktionellen Beitrag dar. Hier ist eine besondere Sorgfalt und Transparenz der verantwortlichen Journalisten erforderlich. Insgesamt herrschen im Journalismus und in der PR Abhängigkeiten vor (Brosda & Schicha 2002). So unterliegen PR-Praktiker ebenfalls ökonomischen Machtstrukturen und Zwängen, die ein moralisch einwandfreies Handeln erschweren (Förg 2004).
Als bezahlte Auftragskommunikation kommt der PR die Aufgabe zu, die Reputation des Unternehmens kontinuierlich und systematisch zu stärken. Insofern ist Öffent-lichkeitsarbeit ein interessensgeleitetes Unterfangen, das Ziele verfolgt, die dem Unternehmen oder der Organisation nützen. Dies gilt auch für die PR von Non-Profit-Organisationen, neuen sozialen Bewegungen oder politischen Parteien, da ein positives Image durch eine glaubwürdige PR in diesen Bereichen die Spenden- oder Wahlbereitschaft positiv beeinflussen kann. Insofern kann festgehalten werden, dass Öffentlichkeitsarbeit klaren Zielen und Vorgaben entspricht, die vom Auftraggeber vorgegeben werden. Dennoch gibt es grundsätzliche normative Kategorien, die die PR einzuhalten hat. Dazu gehört die professionelle Vermittlung von Informationen, die den Tatsachen entsprechen. Es kommt darauf an, ein positives Image zu kreieren, das nicht nur kurz-, sondern auch mittel- und langfristig dem Unternehmen nachhaltig nützt.
Grundsätzlich ist es hilfreich, auf theoretische Modelle zurückzugreifen, die normative Maßstäbe einer an ethischen Kriterien ausgerichteten PR anbieten.
2.1. PR im Diskurs
Beim Blick auf die theoretischen Konzeptionen der angewandten Ethik bieten sich als Basis für die PR-Ethik zunächst diskurstheoretische Entwürfe einer kommunikativen Ethik an, die partizipatorische und emanzipatorische Gerechtigkeitsprinzipien ein-schließen. Bei der Orientierung an diskursethischen Prinzipien steht die rationale Konsensfindung, das Mitspracherecht und die Partizipation der Kunden und Mitarbeiter sowie der Öffentlichkeit im Zentrum des Interesses. Das Ziel einer diskursiven Verfahrenskonzeption liegt darin, die normative Kraft der kommunikativen Ethik auf einer pragmatischen Ebene der Verbesserung der institutionellen und personellen Voraussetzungen rationaler Verständigungsprozesse zur Geltung zu bringen. Statt vorgefertigter Lösungen durch das Management sind Verständigungsprozesse vorgesehen. Die Anwendung einer kommunikativen Ethik hat gezeigt, dass aus der interpersonellen Kommunikation soziale Bindungskräfte und Normen resultieren, die in der Praxis als Steuerungsinstrument wirken und theoretisch als Grundlage für die Begründung einer Ethik fungieren können, da im Rahmen von Kommunikationsprozessen die Geltung und Aushandlung von Normen eine wichtige Rolle spielen. Ge-rechtigkeit und Achtung sind dabei die konstitutiven Prinzipien, die sich im Bereich der Medien- und Kommunikationsethik konkretisieren können durch die Normen der allgemeinen Rede- und Meinungsfreiheit (Toleranz- und Vielfaltgebot), der Informationsfreiheit und -gerechtigkeit (Grundversorgung und Zugänglichkeit) sowie der informationellen Selbstbestimmung und Zurechnung (Autonomie und Verantwortung). Neben diesen normativen Postulaten an zwischenmenschliche Verständigungsprozesse sind inhaltliche Richtlinien erforderlich, um eine unternehmensethische Konzeption zu entwickeln. Wichtig ist dabei wechselseitiges Verständnis und Akzeptanz zwischen der Organisation und der Öffentlichkeit, dass auf einem dialogischen Verfahren basiert und auf Überzeugung statt Überredung basiert, um Vertrauen aufzubauen (Förg 2004).
Idealtypischerweise kann im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit ein symmetrischer Dialog zwischen dem Unternehmen und der Öffentlichkeit postuliert werden, der auf Konsens angelegt ist (Grunig & Hunt 1984). Einem normativen Leitbild nach dem Modell einer idealen Sprechsituation nach Habermas (1987) zufolge sollte ein Dialog entstehen, der konstruktiv und zielführend ist, alle Interessen gleichberechtigt einbezieht und den gleichen Informationsstand der beteiligten Diskutanten voraussetzt. Auf der Ebene des Diskurses sollten keine widersprüchlichen Aussagen geleistet werden. Behauptungen sind zu begründen, und in einem idealtypischen Verständnis sollen alle Betroffenen an dem chancengleichen Diskursverfahren teilnehmen. Habermas geht davon aus, dass nur im Dialog geklärt werden kann, ob eine Norm konsensfähig sein kann. Die Maximen müssen demzufolge der diskursiven Prüfung und dem Universalisierungsanspruch aller anderen Beteiligten unterliegen. Es geht bei dieser Verfahrensethik darum, durch diskursive Prüfung mit Hilfe des kollektiven Verständigungsprozesses zu allgemeingültigen Normen zu gelangen. Die Richtigkeitsansprüche erfolgen nicht auf der Grundlage eines inhaltlichen Prinzips, sondern nur aufgrund der faktischen oder potentiellen Zustimmung aller Betroffenen. Dabei gilt die diskurstheoretische Formulierung des Universalisierungsgrundsatzes, der besagt, dass eine strittige Norm unter den Diskursteilnehmern nur dann eine Zustimmung finden kann, wenn die Anerkennung der faktischen und potentiell Betroffenen gewährleistet ist. Habermas zufolge verlangt die Begründung von Normen und Geboten die Durchführung eines realen Diskurses. Es geht darum, überzeugende Argumente mit Geltungsanspruch zu formulieren und zu begründen. Die Argumente sollen auf ihre normative Richtigkeit hin untersucht werden. Die Festschreibung von inhaltlichen Moralprinzipien wird in der Diskursethik abgelehnt. Alle moralischen Inhalte werden in realen oder simulierten Diskursen erörtert, um zu einer Überprüfung erhobener oder konkurrierender Geltungsansprüche zu gelangen. Die Gleichberechtigung der Argumentationsteilnehmer wird ebenso vorausgesetzt wie gleiche Redechancen ohne Ausübung von Zwang. Als Grundlage des praktischen Diskurses dient die Idee einer Gemeinschaft vernünftig argumentierender Diskursteilnehmer, die sich bei konfligierenden Geltungsansprüchen um einen Konsens bemühen. Das Ziel des Diskurses besteht darin, ein diskursives Einverständnis zu erreichen. Die Anwendung des diskursethischen Ansatzes von Habermas auf die Öffentlichkeitsarbeit steht im Mittelpunkt der Überlegungen von Burkhart und Probst (1991). Die in den theoretischen Betrachtungen auftauchenden Begriffe wie Verständigung, Dialog mit den Betroffenen sowie Konsens stellen Ziele dar, die auch beim Selbstverständnis der Öffentlich-keitsarbeit zugrundegelegt werden können. PR wird in diesem Verständnis als Profession begriffen, die zur Optimierung gesellschaftlicher Verständigung beitragen kann. Sie soll dafür sorgen, dass es zwischen den Unternehmen und den Interessen der Betroffenen zu einem Einverständnis hinsichtlich der zu thematisierenden Gegenstände des Vertrauens in die Unternehmung und der Legitimität der vertretenen Interessen kommt. Um den Diskurs zwischen Unternehmen und Öffentlichkeit führen zu können, ist in einer ersten Phase die notwendige Information über den zu behandelnden Sachverhalt erforderlich. Spätestens in einer zweiten Phase beginnt der Dialog. In einer dritten Phase werden die Diskurse, in denen ein problematisch gewordenes Einverständnis durch Begründung wiederhergestellt werden soll, durchgeführt, wobei das beste Argument zur Grundlage einer Entscheidung dienen kann.
Sofern ein diskursives Modell einer Unternehmensethik vorausgesetzt wird, kann davon ausgegangen werden, dass es Handlungsspielräume des unternehmerischen Verhaltens gibt, die nicht vollkommen durch die Sachzwänge des Marktes, des Wett-bewerbs und des Preissystems determiniert sind. Das Ziel besteht schließlich darin, durch seine Konzeption einer diskursiven Verantwortungsethik im Unternehmen zu einer Versöhnung von ökonomischer und ethischer Vernunft zu gelangen. Auch im Unternehmen soll der ideale Dialog verwirklicht werden. Voraussetzung hierfür ist die Beteiligung aller Betroffenen, die ihre Bedürfnisse und Werthaltungen in den Dialog einbringen können, die Chancengleichheit der Argumente ohne Ausübung von Zwang sowie die Unvoreingenommenheit aller Kommunikationsteilnehmer gegenüber den Argumenten der anderen. Obwohl der ideale Dialog real nie erreicht werden kann, können auch die Führungskräfte der Unternehmen dazu beitragen, dass sein Vorbildcharakter für die Gestaltung der Kommunikationsbeziehungen einnimmt. Da ökonomische Entscheidungen unter Zeitdruck gefällt werden, ist es nicht möglich, einen Konsens mit jedem einzelnen Betroffenen durchzuführen. Daher müssen Mehrheitsentscheidungen toleriert werden, die von einigen Repräsentanten des Unternehmens, etwa den Mitgliedern einer Hauptversammlung, erzielt worden sind. Dennoch sollte auf möglichst vielen Ebenen der Dialog mit den Betroffenen realisiert werden. Um ihr Mitspracherecht bei den für sie relevanten Entscheidungen zu bewirken, sollen in der Praxis Grundrechte geschaffen werden, damit sie ihre legitimen Ansprüche in das Entscheidungsverfahren einbringen können. So soll der Vertreter des Unternehmens dazu bereit sein, sich in die Situation der unterschiedlichen Anspruchsteller hineinzuversetzen, um ihre Wünsche und Bedürfnisse nachvollziehen zu können. Daneben soll die Anerkennung der Autonomie des anderen ebenso vorausgesetzt werden wie der Versuch, die potentiellen Handlungsalternativen auch aus der Position anderer zu erfassen.
In der Praxis ist das Modell einer diskursiven PR-Ethik nur eingeschränkt umsetzbar. Der Informationsstand ist in der Regel eher so ausgerichtet, dass die PR-Fachleute mehr Kenntnisse über die Zustände ihrer Organisation haben als die Öffentlichkeit. Ein authentisches Auftreten der Öffentlichkeitsarbeiter im Verständnis einer ungefilterten und transparenten Darlegung aller Zahlen, Daten und Fakten kann nicht von der PR erwartet werden. Das was kommuniziert wird, sollte jedoch den Tatsachen entsprechen. Der wertschätzende Respekt von dem Standpunkt des Anderen ist dabei ebenso unverzichtbar, wie die grundsätzliche Dialogorientierung der Debatte sowie ein Manipulationsverbot (Förg 2004). Faktisch handelt es sich im Rahmen der Unternehmenskommunikation immer um Diskurse, die interessensgeleitet sind. Sofern hierbei zwischen dem Unternehmen und der Öffentlichkeit wechselseitiges Verständnis für die jeweiligen Positionen erreicht werden kann, hat die PR ihr Ziel erreicht. Die unterschiedlichen Interessen auf beiden Seiten sollten schließlich in den Dialog einfließen. Der Öffentlichkeitsarbeit kommt dabei primär eine koordinierende, vermittelnde und moderierende Funktion zu. Dabei sollte das Hauptaugenmerk auf die Überzeugung statt auf die Überredung ausgerichtet sein.
2.2. PR-Kodizes
Die Eigeninitiative von Medienselbstkontrollinstanzen wie dem Deutschen Rat für Public Relations oder dem Werberat ist auch darauf zurückzuführen, dass eine Ver-rechtlichung durch die Legislative vermieden werden soll. Selbstkontrolle wird der Fremdkontrolle durch den Staat vorgezogen. Aufgrund der negativen historischen Erfahrung mit staatlicher Kontrolle in Deutschland stellt die Medienselbstkontrolle die bessere Alternative der Regulation dar. Gleichwohl ist wichtig, dass Sanktionen wie Rügen eine breitere öffentliche Resonanz erfahren und die Beschäftigten in der Werbung und der Öffentlichkeitsarbeit profunde Kenntnisse über die Instanzen bereits im Rahmen ihrer Ausbildung erhalten. Zudem sollte die Selbstkontrolle bei Verfehlungen gegenüber den eigenen Richtlinien aktiv werden und nicht nur öffentliche Einreichun-gen begutachten (Baum et al. 2005).
PR-Kodizes besitzen die Aufgabe, ein Regelwerk zu entwickeln, das konkrete Nor-men für die PR-Arbeit vorgibt (Bentele 2005). Dadurch soll ein Instrumentarium geschaffen werden, das Leitlinien aufzeigt und potentielles Fehlverhalten in den Fokus rückt. Durch Kodizes werden Maßstäbe aufgezeigt, an denen sich der Berufsstand orientieren sollte, um berechtigten Ansprüchen auf der Basis konkreter Wertvorstellungen und kulturunabhängiger Moralprinzipien gerecht zu werden. So taucht die Unantastbarkeit der Menschenwürde als fundamentaler Maßstab in zahlreichen Kodizes auf. Gleichwohl ist dieser Begriff nicht leicht zu operationalisieren. Insofern sind hier immer Einzelfallentscheidungen bei konkreten Konflikten im Rahmen der Unter-nehmenskommunikation erforderlich, um moralisch angemessene Handlungen zu bewerkstelligen. Die Glaubwürdigkeit der Unternehmenskommunikation steht dabei stets im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit. Es wird erwartet, dass offen und ehrlich über die Unternehmenspolitik informiert wird. Dies allein ist bereits ein zentraler ethischer Standard, den es zu beachten gilt. Insofern ist es wichtig, ein entsprechendes Regelwerk zu dokumentieren, das auch der PR Richtlinien gibt, wie ein angemessenes ethisches Handeln in dieser Profession zu bewerkstelligen ist (Avenari-us 1998).
Im Kontext der PR haben sich eine Reihe von Kodizes herausgebildet, in denen Leitlinien für das ethisch angemessene Verhalten im Rahmen der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit entwickelt worden sind (Avenarius & Bentele 2009). Dazu zählen zunächst generalisierbare deontologische Normen, die sehr allgemein gehalten sind, wie die Achtung der Menschenrechte und der Wahrheit, der Erwerb von Vertrauen sowie das Recht auf freie Meinungsäußerung. Zu den Kodizes gehören die Code d’Athenes, der Code de Lisabonne sowie die Grundsätze der Deutschen Public Rela-tions Gesellschaft. Diese Kodizes sind den PR-Praktikern nach wie vor kaum bekannt (Förg 2004).
Beim Blick auf die konkreten Inhalte lässt sich aufzeigen, dass die Code d’Athenes als internationale ethische Richtline für die Öffentlichkeitsarbeit, die Menschenrechte und die Menschenwürde als zentrale Wertbasis für die PR-Fachleute reklamieren. Darüber hinaus wird ein freier Informationsfluss ebenso postuliert wie ein Agieren, das Vertrauen in die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ermöglicht. Weiterhin wird gefordert, dass Versprechungen und Verpflichtungen eingehalten werden. Dabei sollte die Wahrheit anderen Ansprüchen untergeordnet werden. Informationen, die keinen eindeutigen Quellennachweis besitzen, sollten nicht verbreitet werden. Jegliche Formen der Manipulation sind untersagt. Der Code de Lisbonne pocht im Rahmen allgemeiner beruflicher Verhaltensregeln ebenfalls darauf, die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ zu respektieren. Dabei wird insbesondere der Grundsatz der Meinungsäußerungsfreiheit sowie der Presse- und Medienfreiheit hervorgehoben. Aufrichtigkeit, moralische Integrität und Loyalität werden als zusätzliche ethische Kategorien formuliert. Spezifische Verhaltensnormen gegen Auftrag- und Arbeitnehmern verweisen u.a. auf Diskretion. Das Berufsgeheimnis ist zu respektieren. Vertrauliche Informationen dürfen nicht ohne Zustimmung weitergegeben werden. Jegliche Form der Täuschung wird untersagt. Es existieren DRPR-Richtlinien für den Umgang mit Journalisten, die den angemessenen Umgang mit Pressegeschenken und Einladungen thematisieren. Zusätzliche Richtlinien erörtern die Kontaktpflege im politischen Raum und postulieren ein Transparenzgebot der eigenen Rolle und der Auftraggeber sowie die die Redlichkeit in Bezug auf vertrauliche Informationen. Weitere normative Vorgaben beziehen sich darauf, nur relevante Informationen zu verbreiten, die über einen Neuigkeitswert verfügen. Grundsätzlich sollten Irreführungen der Öffentlichkeit vermieden werden. Schleichwerbung ist grundsätzlich untersagt. (Deutscher Rat für Public Relations 2007). Die Kodizes haben insgesamt die Aufgabe, normative Leitlinien der Profession systematisch zu erfassen und zu kommunizieren.
Unlängst ist ein Deutscher Kommunikationskodex vom Deutscher Rat für Public Relations (2012) herausgegeben worden, bei dem erneut Zielwerte wie Transparenz, Integrität, Fairness, Wahrhaftigkeit, Loyalität und Professionalität für PR- und Kommunikationsfachleute formuliert worden sind. Hierbei wird explizit auf die Verantwortung bei der beruflichen Qualifikation dieser Berufsgruppe verwiesen. Die entsprechenden Leitbilder sind demzufolge auch in der Aus- und Fortbildung zu vermitteln.
3. Ethik der Werbung
Die Aufgabe der Werbung besteht darin, Informationen über Produkte zu generieren, um dem mündigen Verbraucher Vergleichsmöglichkeiten und Alternativen bei der Produktauswahl aufzeigen zu können. Dies findet in der Praxis eher selten statt. Faktisch steht häufig die Darstellung von Klischees und Stereotypen im Vordergrund (Holtz-Bacha 2011). Insofern besitzt Werbung insgesamt ein schlechtes Image. Die Glaubwürdigkeit der Produktanpreisungen ist begrenzt, da es in der Regel weniger um Informationen, sondern um die Schaffung von positiven Assoziationen und Emotionen für den Kaufanreiz geht. Dabei wird keine umfassende und glaubwürdige Darstellung von speziellen Eigenschaften des beworbenen Objektes vermittelt. Vielmehr soll der Konsument zur Kaufentscheidung motiviert werden. Es geht darum, zu überreden, statt zu überzeugen. Die kritische Medientheorie und die Konsumkritik gehen seit Jahrzehnten davon aus, dass die Konsumenten durch Werbung manipuliert wer-den (Schmidt 2004). Der schöne Schein suggeriert eine Traumwelt, die in der Praxis auch nicht ansatzweise vorhanden ist. Dabei werden Dinge angepriesen, die in vielen Fällen überhaupt nicht benötigt werden. Es werden Bedürfnisse bei den Konsumenten suggeriert, die gar nicht vorhanden sind. „Die Werbung sucht zu manipulieren, sie arbeitet unaufrichtig und setzt voraus, dass das vorausgesetzt wird.“ (Luhmann 1996: 85) Diese These von Luhmann bringt die zentrale Kritik an der kommerziellen Wirtschaftswerbung auf den Punkt. Unwahre Werbebotschaften korrelieren mit unaufrichtigen Werbetreibenden, so der Vorwurf. Die Vorspiegelung falscher Tatsachen bei der Anpreisung von Produkten und Dienstleistungen scheint in der Werbung nicht die Ausnahme, sondern die Regel zu sein. Dabei gibt es unterschiedliche Manipulationsmöglichkeiten (Schweiger & Schrattenegger 2005). Die häufigste Form ist die Schleichwerbung. Hier soll die werbliche Absicht getarnt werden. Bei der unterschwelligen Werbung in Filmen werden die Reize so kurz gezeigt, dass sie nicht bewusst wahrgenommen werden.
Insgesamt besitzt die kommerzielle Produktwerbung ein schlechtes Image. Dies resultiert auch daraus, dass insbesondere Werbekampagnen für Suchtmittel wie Zigaretten und Alkohol sowie der Einsatz versteckter Werbung für kontroverse Debatten über die ethischen Grenzen der zulässigen Werbung und ihrer Formen sorgt (Bartoschek & Wolff 2010). Die zunehmende Überflutung mit Werbung auf allen Medienkanälen verlangt nach neuen Strategien, um die Aufmerksamkeit der potenziellen Käufer zu erreichen. Denn nur, was wahrgenommen wird, hat auch die Chance von den Unternehmen für den Produktverkauf strategisch genutzt zu werden. Gleichwohl ist es auch sehr riskant, den Verbraucher durch umstrittene Werbung zu provozieren, da dadurch auch eine Abwehrhaltung (Reaktanz) erzeugt werden kann, die eben gerade nicht dazu führt, dass das entsprechende Produkt erworben wird. Insofern stellt sich die Frage, wo die moralisch zulässigen Grenzen von Werbung liegen und welche Regeln zu beachten sind.
Die Werbeethik beschäftigt sich mit der moralischen Angemessenheit von Produktinformationen, wobei hier weniger strenge Maßstäbe angelegt werden als bei der Presse- und Öffentlichkeit. Dass Werbung einseitig darauf ausgerichtet ist, die positiven Merkmale der entsprechenden Produkte darzustellen, wird in der Regel nicht weiter problematisiert. Dies geschieht jedoch dann, wenn z.T. unzutreffende Gesundheitsversprechen propagiert werden, die bei näherer Prüfung widerlegt werden können. Insofern darf Werbung übertreiben, aber nicht lügen.
Damit Produkte eine öffentliche Akzeptanz bekommen, muss die Werbung ethische Standards einhalten, damit das gewünschte Kaufverhalten erreicht werden kann. Ethikdebatten besitzen stets eine wichtige soziale Komponente, die von den Unter-nehmen strategisch aufgegriffen werden sollten. Wenn in Werbekampagnen ökologische Standards eine zentrale Rolle spielen, kann das Aufgreifen derartiger ethisch relevanter Trends Vorteile gegenüber der Konkurrenz nach sich ziehen, die diese Anforderungen nicht angemessen berücksichtigen (Zurstiege 2007). Für die Werbung steht der Verkauf eines spezifischen Produktes oder einer Dienstleistung im Mittelpunkt des Interesses. Sie setzt eher auf Emotionen und Verkaufsanreize und übertreibt bisweilen die Produktvorteile. Dabei wird mit bezahlten Anzeigen in den Printmedien, sowie Spots im Rundfunk und verschiedenen Facetten im Internet von der Bannerwerbung bis hin zu Gewinnspielen gearbeitet. Unternehmen nutzen Werbeoptionen in sozialen Netzwerken, um Kunden zu binden, die die angebotenen Produkte kaufen. Werbung stellt den professionell geplanten Versuch dar, die Meinung und das Verhalten von Menschen durch spezielle Kommunikationsmedien und -techniken öffentlich zu beeinflussen, um ökonomische Ziele durchzusetzen. Strategisch ausgerichtete Medienangebote und Events sollen bei der Werbezielgruppe Aufmerksamkeit für die angebotenen Produkte, Leistungen und Botschaften erzeugen und schließlich zur Kaufentscheidung motivieren. Werbung fungiert als konstitutives Charakteristikum einer marktwirtschaftlichen Ordnung, die ihrem idealtypischen Anspruch zufolge auf das freie Spiel von Angebot und Nachfrage setzt. Sie setzt in diesem Verständnis auf Markttransparenz und sorgt dadurch für Verbraucherinformation. Wirtschaftswerbung dient der Gewährung der Gewerbefreiheit und der Meinungsfreiheit. Das Ziel besteht darin, sie als strategische Kommunikationsvariante durch einen Konsumappell so einzusetzen, um den Verbraucher appellativ zu motivieren, die angepriesenen Produkte und Dienstleistungen zu kaufen. Das kreative Spektrum der Produktwerbung ist groß. So kann das Kindchenschema eingesetzt werden, um Beschützerinstinkte beim Verbraucher zu wecken. Erotische Signale werden gesetzt, um positive Assoziationen beim Rezipienten zu wecken. Oder es wird mit Mitleidselementen gearbeitet, wenn im Rahmen von Spendenkampagnen bei Non-Profit-Organisationen Not und Elend gezeigt werden. Das Ziel besteht darin, Aufmerksamkeit des potenziellen Kunden in einer Welt der permanenten Reizüberflutung zu erhalten. Es wird dabei auf Vor- und Leitbilder zurückgegriffen, die Wünsche, Hoffnungen und Träume der potenziellen Kunden aufgreifen.
3.1. Werbung versus PR
Inzwischen gibt es eine Reihe innovativer Werbeformen, die darauf setzen, die Aufmerksamkeit der Rezipienten zu erreichen. Dabei zeigt sich häufiger eine Vermischung zwischen PR und Werbung (Volpers et al. 2008):
• Bei der Produkt-PR versuchen Unternehmen, Informationen über ihre Angebo-te in den redaktionellen Teil der Medien zu lancieren.
• Bei der Themen-PR werben Institutionen oder Organisationen aktiv, um ihre Repräsentanten in den Medien zu platzieren.
• Beim PR-Programming realisieren TV-Sender und PR-Treibende ein gemeinsames Programm.
• Beim PR-Bartering werden PR-Treibenden Sendeplätze für fremdproduzierte PR-Beiträge zur Verfügung gestellt.
• Bei der Event-PR inszenieren PR-Treibende Ereignisse, über die in den Medien berichtet wird.
Ein Ziel derartiger Aktivitäten kann darin liegen, die Werbebotschaft zu verschleiern. Deshalb ist es unverzichtbar, dass die Quellen derartigen Materials transparent gemacht werden, sofern es genutzt wird. Hierbei kann auch die Grenze zur Schleichwerbung überschritten werden (Bartoschek & Wolff 2010).
3.2. Sponsoring
Es gibt im Fernsehen Formen des Programm- bzw. Sendungssponsoring, bei denen keine klassischen Werbespots geschaltet werden. Somit müssen auch keine Regle-mentierungen hinsichtlich der vorgegebenen Werbedauer pro Stunde bzw. der verbotenen Ausstrahlung nach 20.00 Uhr bei den öffentlich-rechtlichen Fernsehanbietern eingehalten werden. Hier lassen sich u.a. folgenden Formen aufzeigen (Volpers et al. 2008):
• Beim Programm-Sponsoring werden ganze Sendungen von dem Produkt eines bestimmten Herstellers unterstützt.
• Beim Labelsponsoring werden z.B. in Kochshows Küchenprodukte durch den Hersteller angepriesen.
• Beim Eventsponsoring werden z.B. Sportsendungen durch eine Fitnesskette mit finanziert.
• Beim Titelsponsoring wird der Name des Produktes bereits im Sendetitel genannt. Hierfür stehen z.B. Formate wie Süddeutsche TV (Vox), stern TV (RTL) oder c’t magazin (HR, MDR, rbb).
• Beim Ausstattungssponsoring werden z.B. Moderatoren mit Kleidung speziel-ler Modefirmen ausgerüstet. Dies wird dann durch konkrete Einblendungen während der Sendung oder im Abspann deutlich gemacht.
• In den skizzierten Fällen stellt das Transparenzgebot ebenfalls die zentrale moralische Kategorie dar. Wenn kenntlich gemacht wird, welches Unternehmen einen Medienbeitrag finanziell unterstützt, ist es ethisch vertretbar, diese Möglichkeit wahrzunehmen.
3.3. Product Placement
Product Placement gehört zu den ältesten Werbeformen im Fernsehen (Volpers et al. 2008). Es besteht aus einer gezielten Platzierung eines Markenartikels in einer Sendung. Dabei lassen sich bezahlte und unbezahlte Formen aufzeigen. Folgende Prä-sentationsarten können hierbei u.a. unterschieden werden:
• Beim Requisiten-Placement werden spezifische Produkte ins Bild gerückt.
• Beim Schriftzug-Placement sind Aufkleber oder Aufdrucke zu sehen, bei denen der Produktname zu erkennen ist.
• Beim Kleidungs-Placement ist das Logo des Markenanbieters oder eine Werbung zu erkennen.
• Beim Hintergrund-Placement ist der Sponsor eines Ereignisses zu sehen.
• Beim Sponsor-Placement werden die Produkte des Sponsors in den Sendeablauf integriert.
Product-Placement ist dann legitim, wenn ein Requisit in die reale Filmhandlung schlüssig eingebaut wird. Dass z.B. der Fahrzeugtyp der Krimikommissare in einem Film sichtbar wird, ist unproblematisch, sofern das Auto nicht permanent und in außergewöhnlich ästhetisierter Form im Film gezeigt wird. Grundsätzlich sollten Pro-duct-Placement-Aktivitäten stets als solche erkennbar benannt werden.
3.4. Schleichwerbung
Werbung ist eine legitime Form der Produktdarstellung, sofern sie als solche erkennbar und in einem dafür vorgesehenen Rahmen stattfindet. Juristische und moralische Probleme tauchen dann auf, wenn die Werbebotschaft in einem Zusammenhang auftritt, der nicht für Werbung vorgesehen ist. Bei der Schleichwerbung als getarnte oder unterschwellige Ausprägung handelt es sich um eine redaktionelle Produktinformation, bei der der Rezipient die Werbebotschaft zunächst nicht durchschaut. Entsprechende Regelungen und Richtlinien zur Vermeidung dieser Entwicklung liegen im Pressekodex, den ARD-, ZDF-, DRPR- und ZAW-Richtlinien ebenso vor wie in den gemeinsamen Richtlinien der Landesmedienanstalten zur Trennung von Werbung und Programm im Rundfunk. Darüber hinaus gibt es einschlägige Gerichtsurteile zum Verbot der getarnten Wirtschaftswerbung in Kinofilmen und Printmedien. Bei entsprechenden Verstößen wird die Informationsfreiheit zerstört, da die Herkunft der Information für den Rezipienten nicht kenntlich gemacht wird (Baerns 1996; Bartoschek & Wolff 2010). Schleichwerbung ist demzufolge aus einer rechtlichen und ethischen Perspektive grundsätzlich verboten. Darauf wird auch im Deutschen Kommu-nikationskodex verwiesen, der vom Deutsche Rat für Public Relations (2012) herausgegeben worden ist.
3.5. Richtlinien des Deutschen Werberates
Während es im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit mehrere Verhaltensrichtlinen unterschiedlicher Organisationen gibt, ist für die kommerzielle Produktwerbung der Wer-berat als Medienselbstkontrollinstanz in Deutschland zuständig (Deutscher Werberat 2012; Schicha 2005). Sein Wirken richtet sich darauf, das Vertrauen der Verbraucher gegenüber der Werbekommunikation zu stärken. So werden vom Werberat eine Reihe von Verhaltensregeln vorgegeben, die neben den rechtlichen Vorgaben von Werbebeschränkungen aufgrund des Jugendschutzes entwickelt worden sind.
3.5.1. Frauenfeindliche Werbung
Der plakative Blickfang durch attraktive Körperdarstellungen gilt als ein klassisches Aufmerksamkeitskriterium bei der Produktpräsentation in der Werbung. Der Anteil frauenfeindlicher Werbung hat in den letzten Jahrzehnten sukzessiv abgenommen. Die Problematik der Geschlechtersterotypen und -diskriminierungen in der Werbung ist allerdings nach wie vor ein zentrales Thema, mit dem sich die Medienselbstkontrollinstanz des Deutschen Werberates bereits seit 1980 beschäftigt. Dabei kommen ggf. Formen der Sittenwidrigkeit sowie der Verletzung der Menschenwürde zum Tragen. Hierbei richtet sich der Fokus u.a. auf frauenfeindliche und sexistische Werbung, bei der die Frau zum Objekt degradiert wird. Im Kommunikationskodex des Deutschen Rates für Public Relations (2012) wird ebenfalls darauf hingewiesen, dass PR- und Kommunikationsfachleute „in ihrer Arbeit rassistische, sexistische, religiöse Diskriminierung oder andere, menschenverachtende Praktiken“ ausschließen müssen.
3.5.2 Verbot der Diskriminierung
Auch beim Deutschen Werberat (2012) wird festgehalten, dass keinerlei Gruppen diskriminiert werden dürfen. Es werden vom Werberat die Kategorien Rasse, Abstammung, Religion, Geschlecht, Alter, Behinderung und sexuelle Orientierung explizit benannt. Zudem sollte durch die Werbung nicht gewalttätiges, aggressives oder unsoziales Verhalten angeregt oder geduldet werden. Dabei darf auch keine Angst erzeugt oder das Leid bzw. Unglück von Personen zu Werbezwecken instrumentalisiert werden. Diese Punkte spielten in der Debatte um die Werbung des Modeunter-nehmens Benetton eine zentrale Rolle, da der Konzern mehrfach mit Straftätern, die zum Tode verurteilt worden sind sowie mit Kriegsopfern und Behinderten für seine Produkte geworden hat (Bohrmann 2010).
3.5.3. Werbung mit Prominenten
Die Werbung mit prominenten Schauspielern, Fotomodellen und Sängern hat eine lange Tradition. Künstler nutzen ihre Popularität und Vorbildfunktion als Identifikati-onsfiguren dazu, um Produkte auf Werbeplakaten, in Anzeigen und Fernsehspots anzupreisen. Ethisch und rechtlich problematisch ist die Werbung mit Prominenten, die nicht explizit ihr Einverständnis für die entsprechenden Kampagnen artikuliert haben.
3.5.4. Provokative Werbung
Angesichts der zahlreichen Medieneinflüsse hat sich die provokative Werbung als eine Variante herausgebildet, bei der durch einen kalkulierten Tabubruch Aufmerk-samkeit und Emotionen erzeugt werden. Sie hat das Ziel, mit überraschenden Bildern und Aussagen zu polarisieren. Durch kontroverse Diskussionen in der Öffentlichkeit und in den Medien kann diese Form eine zusätzliche kostenlose Werbung enthalten, die durchaus kontraproduktiv sein kann, sofern sich die öffentliche Meinung von den Produkten der Unternehmen abwendet, die derartige Kampagnen anbieten. Grundsätzlich ergibt sich das Problem, dass allgemein zugängliche Schockbilder die Rezipienten verstören können und insofern eine entsprechende Darstellung problematisch sein kann. Der Werberat hat in diesem Rahmen darauf hingewiesen, dass Werbung weder Angst erzeugen darf, noch das Leid und Unglück anderer für Werbezwecke instrumentalisieren soll.
3.5.6. Problematische Produkte
Für potenzielle Suchtmittel wie Alkohol, Zigaretten und Medikamente darf nur eingeschränkt geworben werden. Hierbei ist die Beachtung des Jugendschutzes von zentraler Bedeutung. Kinder und Jugendliche sollten bei derartigen Produkten nicht direkt angesprochen und zum Konsum aufgefordert werden. Zudem dürfen keine leistungssteigernden Versprechen durch den Genuss von Alkohol gemacht werden. Die Verknüpfung von Alkohol und Leistungssport in der Werbung ist ebenso zu unterlassen wie die werbliche Verbindung des Führens von Fahrzeugen mit dem Konsum von alkoholischen Getränken. Bei ungesunden Nahrungsprodukten ist die Reglementierung weit weniger ausgeprägt. In der Kritik stehen vor allem besonders süße und fettige Artikel. Da Kinder und Jugendliche nur begrenzt die Folgen ihrer Konsumhandlungen abschätzen können und besonders schutzbedürftig sind, ist es wichtig, bei der Werbung für Kinderprodukte entsprechend zurückhaltend zu agieren. So hat der Deutsche Werberat zu Recht direkte Kaufaufrufe an Kinder grundsätzlich untersagt, um ihre Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit nicht ausnutzbar zu machen.
4. Grundlagen der Onlinekommunikation
Unternehmen nutzen zunehmend die Möglichkeiten der modernen Onlinekommunikation, um Pressemitteilungen zu verbreiten und Werbung anzubieten. Diese virtuelle Form der Vermittlung kann einen breiten Rezipientenkreis erreichen. Dennoch ist Kommunikation im Web 2.0 immer mit erheblichen Risiken verbunden. Das Internet stellt eine ideale Plattform für Verschwörungstheorien, Gerüchte, Lügen und falsche Anschuldigungen dar. Die Möglichkeit, anonyme Einträge einzustellen, ist vorhanden und es werden negative Bewertungen gegenüber Wirtschaftsunternehmen vorgenommen, die vielfach auch dann kaum zu entfernen sind, wenn sie sich als unangemessen und haltlos herausstellen. Diese Entwicklung ist auch für Unternehmen hoch riskant. Enttäuschte Kunden oder Vertreter von Neuen sozialen Bewegungen wie auch „normale“ Bürger können ihrem Ärger im Internet Raum geben, sich mit Gleich-gesinnten vernetzen und damit eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit erreichen, die dazu führen kann, dass der Reputation des Unternehmens Schaden zugeführt werden kann (Becker 2012). Im Gegensatz zu den klassischen Medien zeichnet sich die Online-Kommunikation durch einen höheren Beschleunigungsgrad aus (Misoch 2006). Es ist technisch kein Problem, Mitteilungen in Echtzeit an ein breites Publikum nahezu kostenlos zu verschicken, welches schnell und offen darauf reagieren kann. Somit ist ein rasches Feedback möglich. Es wird gebloggt und getwittert, Statusmeldungen werden bei Facebook gepostet, die dann mit einem Like-Klick bewertet werden können. Die eigene Selbstdarstellung findet sich bei Xing wieder. Bei YouTube werden Filme eingestellt, die Werbebotschaften enthalten können. Durch Wikipedia-Einträge wird versucht, Unternehmen im Rahmen einer eigenen Selbstdarstellung positiv darzustellen. Web-Blocks und Online-Communities bieten als Beziehungs-netzwerke Raum für Diskussionen.
Durch diese strukturellen Rahmenbedingungen und Präsentationsmöglichkeiten gibt es zahlreiche Artikulationsoptionen für die Unternehmen und Partizipationsmöglichkeiten für die Nutzer, indem sie darauf reagieren und Anschlussdiskurse in Gang setzen können. Insgesamt herrscht im Web 2.0 eine diskursive Dialogstruktur vor, die den Austausch von Interaktionen und Argumenten und daraus resultierend die öffentliche Meinungs- und Willensbildung fördern kann, um Glaubwürdigkeit und Vertrauen aufzubauen (Zerfaß & Pleil 2012).
Aufgrund der offenen Architektur des Social Web besteht für Unternehmen die Möglichkeit, Öffentlichkeit durch eine transparente Unternehmenskommunikation herzustellen, um Vertrauen und Verständigung zu erreichen. Damit kann die klassische PR-Arbeit über die konventionellen Kanäle unterstützt werden. Zugleich besteht aber auch das Risiko, dass durch das öffentliche Feedback Risiken entstehen, die durch Boykottaufrufe von unzufriedenen Kunden z.B. über Twitter entstehen können (Thimm & Einspänner 2012).
Aus einer ethischen Perspektive werden an die Online-Kommunikation die gleichen Ansprüche an Glaubwürdigkeit, Argumentation und Authentizität gestellt, die von Unternehmen auch über die klassischen Medienkanäle vermittelt werden sollten. Gleichwohl bietet diese technisch vermittelte Kommunikation mit Feedbackoptionzahlreiche Manipulationsmöglichkeiten. So können Unternehmen und Akteure z.B. eine Wikipedia-Seite fälschen oder mit anderen Identitäten operieren.
Da es technisch sehr einfach ist, Meldungen ins Netz zu stellen, ist es umso wichtiger, Vorgaben für einen angemessenen Umgang im Rahmen der Online-Kommunikation zu sorgen. Insofern sind ein geeigneter Ordnungsrahmen und Richtlinien zu erstellen, die entsprechende Regeln festlegen. Es sollte nicht vergessen werden, dass Meldungen im Netz in der Regel auch langfristig zu finden sind (Zerfaß & Pleil 2012).
5. Fazit
Die Beachtung ethischer Leitlinien stellt für Wirtschaftsunternehmen im Rahmen der Unternehmenskommunikation neben der Gewinnmaximierung eine wesentliche Kategorie dar, um langfristig am Markt existieren zu können. Nur durch eine nachhaltige Reputation, die auf einer breiten öffentlichen Akzeptanz basiert, ist das Unternehmen langfristig überlebensfähig. Insofern ist eine professionelle Kommunikationspolitik von zentraler Bedeutung, die dazu beiträgt, dass das Unternehmen Akzeptanz und Vertrauen besitzt. Eine glaubwürdige und transparente Öffentlichkeitsarbeit kann konstruktiv dazu beitragen, dass dieses Ziel erreicht werden kann. Diskursive Struk-turen, die dazu führen, dass die berechtigten Anliegen und Kritikpunkte der Öffentlichkeit ernst genommen werden, sind hierfür eine wichtige Voraussetzung.
Insgesamt gibt es eine klare Aufgabenteilung zwischen dem Journalismus, der Öffentlichkeitsarbeit und der Werbung. Der Journalismus soll unabhängig informieren. Die PR-Arbeit von Wirtschaftsunternehmen soll trotz ihrer klar interessensgesteuerten Ausrichtung als vertrauensbildende und imageprägende Instanz zwischen dem Unternehmen und der Öffentlichkeit durch richtige und nachprüfbare Aussagen agieren. Die rein absatzorientierte Werbung ist hingegen am stärksten dem Täuschungs-verdacht ausgesetzt. Dass Werbung beschönigt und gelegentlich die Produktvorteile übertrieben werden, ist z.T. sicherlich akzeptabel. Aber auch hier gilt die Beachtung grundlegender ethischer Standards. So ist das Täuschungsverbot durch Schleichwerbung abzulehnen.
Es ist es für Unternehmen wichtig, öffentliche Debatten, die auch über die neuen Medien geführt werden, nicht nur zu begleiten, sondern sich daran auch konstruktiv und glaubwürdig zu beteiligen. Dabei kann im Internet ein offener Personenkreis an der Debatte mitwirken. Konsumenten und Kunden werden zu Produzenten von Interneteinträgen. In Blogs privater Nutzer oder neuer sozialer Bewegungen können Werbekampagnen und Pressemitteilungen kritisch kommentiert werden. Diese Debatten können auch anonym ohne Angabe eines Impressums geführt werden. Extrem imageschädigend kann ein sogenannter Shitstorm sein. Wenn ein Unternehmen sein Produkt anpreist und unzufriedene Kunden ihre Kritik über verschiedene Onlineforen generieren, kann dies einen erheblichen Imageschaden zur Folge haben, der die Reputation nachhaltig negativ tangieren kann. Insofern ist es für die Unternehmen von zentraler Bedeutung, derartige Prozesse kontinuierlich zu beobachten, zu kommentieren und ggf. zu korrigieren. Der wechselseitige Austausch mit Kritikern durch eine transparente Kommunikationspolitik ist hierbei von zentraler Bedeutung, um verlorenes Vertrauen im Rahmen eines offenen Dialoges zurück zu gewinnen und aktiv an der Anschlusskommunikation mitzuwirken. Die Erfassung und Analyse der öffent-lichen Bewertung von Unternehmensaktivitäten stellt eine zentrale Aufgabe für die Unternehmenskommunikation dar. Aufgrund der Vielfalt und Unübersichtlichkeit der virtuellen Artikulationsmöglichen ist es fast unmöglich, dieser Aufgabe adäquat nachzukommen. Die User verfügen über zahlreiche Nutzungsebenen und Kooperationsmöglichkeiten im Web 2.0. Sie können Artikel und Bewertungen publizieren, diese mit anderen Nutzern teilen und bewerten, sich vernetzen und kooperieren. Insofern bestehen zahlreiche Möglichkeiten des Informations-, Identitäts- und Beziehungsmanagements. Bewertungsplattformen und soziale Netzwerke bieten die Möglichkeit der Partizipation. Soziale Bewegungen in Form von Parteien, Bürgerinitiativen und Selbsthilfegruppen sowie Medienselbstkontrollinstanzen und jeder einzelne Bürger können sich über ihre Netzwerke in zahlreichen Kanälen austauschen und somit einen erheblichen Einfluss auf die öffentliche Wahrnehmung ausüben. Wenn Unternehmen auf Kritik nicht angemessen und frühzeitig reagieren, kann dies verheerende Folgen für ihre Akzeptanz und ihren wirtschaftlichen Erfolg nach sich ziehen. Insofern ist eine proaktive, transparente und ehrliche Unternehmens- und Produktpolitik durch PR und Werbung unverzichtbar, um langfristig am Markt erfolgreich zu sein. Wenn Unternehmen Fehler machen, täuschen oder falsche Versprechen artikulieren, kann dies nur durch eine offene und verantwortungsvolle Kommunikationspolitik korrigiert werden.
Der Beitrag ist bereits in dem von Ansgar Zerfaß und Manfred Piwinger veröffentlichten Sammelband "Handbuch Unternehmenskommunikation" im Springer Verlag Wiesbaden 2014 (2. Auflage) auf den Seiten 329-348 erschienen.
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