Arbeiten in der Medienbranche – Jobs mit Zukunft?

04.04.2016

Die Folgen der Digitalisierung treffen den Mediensektor wie kaum eine andere Branche. Produkte, Arbeitsabläufe und Prozesse, die vormals analog waren, werden heute größtenteils digital abgewickelt. Die Folge: die mediale Arbeitswelt ändert sich rasant. Die Gewinner dieser Entwicklung sind aufstrebende Unternehmen mit disruptiven Geschäftsmodellen, die angestammte Medienhäuser vom Markt verdrängen – oder zumindest vor enorme Aufgaben stellen. Beispielhaft kann diese Entwicklung anhand der Geschichte der Musikindustrie nachvollzogen werden.

Von den ersten Schellackplatten im Jahr 1896 bis in die Zeit der Musikkassetten und Walkmen wandelte sich das Geschäftsmodell der Branche nur langsam. Musikverlage suchten aus der Vielzahl junger Künstler die vielversprechendsten Talente heraus und nahmen diese unter Vertrag. Das Geschäft war für beide Seiten eine Win-Win-Situation. Auch mit dem Übergang von der analogen Musikkassette (bzw. analogen Schallplatte) zu der digitalen Compact Disc (CD) änderten sich an dem grundlegenden Geschäftsmodell nichts.

Es bedurfte schon eines nicht mehr ganz so jungen Genies aus dem Silicon Valley, um diese Branche grundlegend zu wandeln: Steve Jobs. Mit dem Aufkommen der (im deutschen Fraunhofer Institut) entwickelten Technologie des MP3-Formats und den Tauschbörsen im Internet wandelten sich die Produkte und die Arbeitsprozesse in der Branche. Steve Jobs begriff als einer der ersten die Bedeutung dieser digitalen Disruption und eröffnete mit dem iTunes-Store die bis heute erfolgreichste Plattform für die Vermarktung von digitalen Musikstücken. Allein im dritten Quartal 2015 erwirtschaftete Apple mit seiner Plattform iTunes über 5 Mrd. USD Umsatz.1


Abb.1: Steve Jobs (1955 – 2011)

Die Folgen der Einführung der legalen MP3-Dienste für die Musikbranche waren zunächst ausbleibende Einnahmen. Von heute auf morgen brach das Geschäft mit materiellen Tonträgern spürbar ein. Und bis heute hat sich die Musikbranche nicht von diesem Rückgang erholt. Gleichzeitig konnten sich Künstler plötzlich über zahlreiche Plattformen selbst vermarkten. Die Abhängigkeit von den Plattenfirmen sank. In der Folge verloren zahlreiche Mitarbeiter der Musiklabels ihre Arbeitsplätze. So sank die Zahl der Beschäftigten in der Musikbranche von 2002 bis 2008 um 26 %.2 Erst seit 2010 geht die Entwicklung wieder spürbar nach oben – ohne dass die Umsatz- und Beschäftigtenniveaus vor der Krisenzeit erreicht werden.3

Welche Erkenntnisse können wir aus dieser beispielhaften Entwicklung ziehen? Und Wie wird sich der zunehmende technische Wandel – allen voran die Digitalisierung und die Automatisierung – die Arbeitswelt in der Medienbranche allgemein verändern?

Die beiden Forscher Carl Benedikt Frey und Michael Osborne von der Oxford Universität gingen in einer Studie aus dem Jahr 2013 diesen Frage nach. Konkret entwickelten die beiden Professoren ein ökonomisches Modell, das eine Voraussage der Entwicklung des Arbeitsmarkts in den kommenden 20 Jahren in den USA ermöglichte. Als Ergebnis der Studie waren die beiden Forscher in der Lage, die Wahrscheinlichkeit zu ermitteln, mit der die unterschiedlichen Berufsgruppen in den USA in den kommenden Jahren durch die Digitalisierung betroffen sind.4

Jeremy Bowles, ein Ökonom von der London School of Economics hat diese Ergebnisse auf Deutschland übertragen. Das Ergebnis ist zumindest beunruhigend: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein durchschnittlicher deutscher Arbeitnehmer bis zum Jahr 2025 seinen Job aufgrund von Digitalisierung und Automatisierung verliert, liegt bei 51,1 %.5 Eine beunruhigende Zahl.

In der Konsequenz – und nach den vorhergehenden Überlegungen – sollten die Auswirkungen auf die Jobs in der Medienbranche gewaltig sein. Müssen also die Medienarbeiter der Zukunft um ihre Arbeitsplätze bangen? Genau das Gegenteil ist der Fall: Untersucht man, wie sich die einzelnen Medienberufe in der Zukunft behaupten können, dann fällt das Ergebnis durchaus positiv aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Marketing-Manager in den kommenden 10 Jahren ersetzt werden kann, liegt bei gerade einmal 1,4 %. Ähnlich gut sieht es bei der Berufsgruppe der PR-Manager aus. Hier sind voraussichtlich gerade einmal 1,5 % der Jobs von den Auswirkungen der Digitalisierung betroffen. Modedesigner werden ebenfalls nicht so schnell von Maschinen ersetzt: Die Chance hierfür liegt bei gerade einmal 2,1 %


Abb.2: Die Zukunft der Jobs in der Medienbranche

Aber woran liegt das? Wie kann erklärt werden, dass die Medienbranche einerseits enorm stark dem Wandel der Arbeitsprozesse durch die Digitalisierung ausgesetzt ist und gleichzeitig die Beschäftigten – anders als in anderen Branchen – weiterhin äußerst positive Jobaussichten besitzen? Zwei Gründe sprechen für die schwierige Ersetzbarkeit der Jobs in der Medienbranche:

  • Die hohe kreative Eigenleistung

Medienprodukte sind in der Regel nicht standardisiert. Newssendungen, Spielfilme, Musikstücke und Werbeeinblendungen müssen immer wieder neu konzipiert, geplant und umgesetzt werden. Die Ergebnisse sind in der Regel an die Dienstleistung der Medienschaffenden gebunden und können nicht – oder nur unter großem Aufwand – wiederholt werden.

  • Keine Routine

Medienprodukte sind keine Fließband-Ware. Der Versuch, Teilbereiche der Medienproduktion zu automatisieren, ist immer wieder gescheitert. Daher können auch Algorithmen und Maschinen diese Leistungen bislang – und auf absehbare Zeit – nicht imitieren.

Diese Ergebnisse sind für alle, die sich für einen Job in der Medienbranche entscheiden möchten, eine wichtige Erkenntnis. Studenten, die sich für einen solchen Weg entscheiden, werden in ihrer Arbeitswelt mit Aufgabenstellungen konfrontiert, deren Lösung die kreative Neukombination von kognitiven und kreativen Fähigkeiten voraussetzt. Anders als in anderen Branchen besteht eine deutlich geringere Gefahr, durch Roboter oder Maschinen ersetzt zu werden. Gleichzeitig führen eine steigende Verfügbarkeit und eine zunehmende Individualisierung des Medienkonsums zu einer steigenden Nachfrage nach Medienprodukten.

Angst vor der Entwicklung der Jobsituation in der Medienbranche ist daher nicht angebracht. Im Gegenteil: die Medienunternehmen sind in dem Prozess der Digitalisierung Pioniere und Vorreiter, die dabei helfen, die die technische Entwicklung in andere Unternehmen und Branchen zu überführen. Dafür müssen zukünftige Mitarbeiter bereit sein, sich dem permanenten digitalen Wandel anzupassen und Weiterentwicklungen und kreative Konzepte immer wieder aufs Neue zu verstehen, zu lernen und in den Unternehmen zu implementieren.

Quellen:

1 Apple, Oktober 2015.
2 Bundesverband der Musikindustrie (2008): Musikindustrie in Zahlen, S28.
3 IFPI (2015): IFPI Digital Music Report 2015.
4 Frey, Carl Benedikt und Osborne, Michael A. (2013): The Future of Employment – How Susceptible are Jobs to Computerisation?.
5Bowles, Jeremy: The Computerisation of European Jobs - Who Will Win and Who Will Lose from the Impact of New Technology onto Old Areas of Employment?
http://www.bruegel.org/nc/blog/detail/article/1394-thecomputerisation-of-european-jobs/