Fashion im Museum: Eine Erstsemester-Exkursion
19.04.2024 | Prof. Nina Hein
Wann wurden die ersten Skinny Jeans der Geschichte getragen (1)? Was war die erste subkulturelle Mode in Europa und warum kam sie aus dem Schwabenland (2)? Warum war Schwarz die Trendfarbe am spanischen Hof während der Renaissance (3)?
Die Suche nach den Antworten auf diese Fragen (Antworten unten) führte die Erstsemester des Studiengangs Fashion Management in die Gemäldegalerie in Berlin. Die Gemälde aus dem 14. bis 18. Jahrhundert sind in 60 Räumen und Sälen ausgestellt und offenbaren bei genauerem Hinsehen erstaunliche Modeideen der letzten Jahrhunderte.
Ein Beispiel sind die Kopfbedeckungen der Frauen aus der Zeit der burgundischen Herzogtümer (15. Jahrhundert). Sie sehen aus wie die direkten Vorbilder für die Kostüme in den Star-Wars-Episoden oder wie die Inspiration für das Styling der Kollektion Plato's Atlantis von Alexander McQueen. Eine weitere Überraschung ist, dass sich die heutigen Kleiderordnungen in Bezug auf die Geschlechterzuordnung stark von den Idealen der vergangenen Jahrhunderte unterscheiden. Ein gutes Beispiel dafür ist das Gemälde "Die lustige Gesellschaft" von Willem Buytewech, das Männerkleidung in Pastellfarben mit "weiblichen" Verzierungen wie Schleifen und Rüschen zeigt. Oder das Renaissance-Gemälde "Erzengel Michael mit der Seelenwaage", das beweist, dass Rosa und Rot in früheren Jahrhunderten keine stereotypen Farben für Mädchen und Frauen waren. Ein weiteres Phänomen sind extreme Accessoires aus verschiedenen Epochen. Ein Porträt von Sofonisba Anguissola zeigt eine Verwandte von ihr mit einer "Rattentasche" als modischem Accessoire. Darüber gibt es zahlreiche Spekulationen. Eine weit verbreitete Annahme ist, dass es sich um einen Flohfänger handelt, damit die Flöhe vom Körper auf das Accessoire übergehen. Bekannter, aber auch verblüffender sind die "Mühlstein"-Kragen, die im 17. Jahrhundert in den Niederlanden in Mode waren. Unsere nächste Exkursion führt uns in das Kunstgewerbemuseum, wo die Schüler echte Modeartikel aus dem späten 18. Jahrhundert bis in die 1990er Jahre entdecken können.
(1) - Im späten Mittelalter trugen Männer eine Art Leggings und sehr kurze Jacken. Die Leggings wurden aus nicht elastischen Stoffen genäht und waren sehr eng. Sie sahen ähnlich aus wie die heutigen Skinny Jeans, fühlten sich aber wegen des steifen Materials ganz anders an. Da die Trägerinnen ihre Knie kaum beugen konnten, hatten sie einen sehr eigenartigen Gang.
(2) - Die ersten so genannten Landsknechte (Söldner im 16. Jahrhundert) kamen aus Schwaben in Süddeutschland. Es waren Männer aus den ärmeren Schichten, die für Geld kämpften und zwischen den Kämpfen durch die Lande zogen, auf der Suche nach anderen Möglichkeiten, Geld zu verdienen. Sie entwickelten ihre eigene Mode, die sehr extravagant war. Diese Mode wurde später von der Oberschicht nachgeahmt.
(3) - Der spanische Hof war ein Vorreiter der Gegenreformation in Europa (zur Reformation: siehe Martin Luther). Philipp II. von Spanien war ein strenger Katholik und bevorzugte die Farbe Schwarz, um seine Frömmigkeit und Ernsthaftigkeit zu unterstreichen. Dieses Ideal verbreitete sich in ganz Europa und kann als Gegenbewegung zu den liberalen Kleidungsstilen der italienischen Renaissance gesehen werden.