Interview mit Christian Schicha am ersten K-Camp
15.07.2013
Prof. Dr. Christian Schicha ist Professor für Medienmanagement an der Mediadesign Hochschule in Düsseldorf. Er hat beim ersten K-Camp mit einem faszinierenden und gleichermaßen unterhaltsamen Vortrag zur Medienethik in der 2.0-Welt das Publikum begeistert.
K-Camp: Herr Schicha, in Ihrem Vortrag beim 1. K-Camp haben Sie darauf aufmerksam gemacht, dass Sie die technologische Beschleunigung durchaus kritisch sehen. In wieweit müssen wir Kontemplation zu einer gesellschaftlichen Tugend machen?
Christian Schicha: Grundsätzlich liefert die technologische Beschleunigung eine Vielzahl von Chancen. Wir sind in Echtzeit erreichbar und können ständig aktuelle Nachrichten aus dem Internet beziehen. Die Kommunikation per Mail und über soziale Netzwerke bietet die Möglichkeit eines unkomplizierten, effizienten und kostengünstigen Informationsaustausches.
Die Risiken liegen darin, dass das Diktat der ständigen Erreichbarkeit Stress verursachen kann. Wer immer und überall erreichbar ist, verliert ggf. die Muße zur Reflexion des eigenen Handelns und des kreativen Gestaltens. Es müssen immer auch Zeiten und Orte als Rückzugsmöglichkeiten vorhanden sein, an denen nicht strategisch und zielorientiert gedacht und agiert werden muss, um ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Erholung zu bewerkstelligen.
K-Camp: Desweiteren haben Sie die Bedeutung von Privat- und Intimsphäre hervorgehoben. Nun ist bekannt geworden, dass zahlreiche Geheimdienste wesentlich tiefer in diese Sphären hineingeguckt haben als bisher bekannt war. Wie kann eine aufgeklärte Öffentlichkeit nun damit umgehen?
Christian Schicha: Die Öffentlichkeit sollte Druck auf die Verantwortlichen in der Politik und Wirtschaft machen, dass solche Missstände transparent gemacht und möglichst schnell wieder abgestellt werden. Datenschutz und Datensicherheit sind ebenso Grundrechte in einer demokratischen Gesellschaft wie die Einhaltung der Privat- und Intimsphäre.
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung gehört zu den zentralen Qualitätskritierien und Bürgerrechten, die eine offene Gesellschaft auszeichnen. Insofern sollen hier konsequente Anstrengungen unternommen werden, dass diese Errungenschaften nicht den Interessen von Geheimdiensten und kommerziellen „Datenkraken“ untergeordnet werden.
K-Camp: Inwieweit glauben Sie, kann Kunst hier einen vermittelnden Beitrag leisten?
Christian Schicha: Die Kunst ist auch in der Lage, gesellschaftliche Missstände in ganz unterschiedlichen Formen zu verarbeiten. So können u.a. Filme, Fotos, Bilder, Bücher, Theaterstücke, Installationen und Aktionen aktuelle Themen kreativ aufgreifen und in Formen bringen, die zum Nachdenken anregen.
Die daraus resultierenden Kunstwerke können dabei einen substantiellen und konstruktiven Beitrag für eine kritische Öffentlichkeit darstellen, aus der auch Widerstand resultieren kann.