MD.H meets ADC-Festival 2014 – Ein Reisebericht

05.11.2014

Einmal im Jahr ruft der Art Directors Club (kurz: ADC) die Kreativen der Branche auf, Ihre besten Arbeiten zur Prämierung auf dem ADC-Festival einzureichen. Eingereichte Arbeiten werden dann von mehreren Jurys, bestehend aus ADC-Mitgliedern, beurteilt und mit bronzenen, silbernen oder goldenen „Nägeln“ ausgezeichnet. Die Prämierung durch den ADC gilt als eine der bedeutendsten Auszeichnungen der Kreativbranche. Neben der Auszeichnung der eingereichten Arbeiten wird das ADC-Festival von einem Kongress begleitet. Der ADC-Kongress widmet sich jeweils aktuellen Themen der Branche.

Am 15. Mai besuchte eine Gruppe Berliner Studenten des Fachbereichs Mediadesign gemeinsam mit Dozent Raymond Meier die jährliche ADC-Ausstellung … und staunte.


Arbeiten auf der ADC-Ausstellung

Wir Designer nehmen einiges auf uns, wenn es darum geht, zu sehen und vielleicht irgendwann gesehen zu werden. Sogar dass Klingeln des Weckers um 6.00 morgens, um den ersten Zug in Richtung Hamburg Hauptbahnhof rechtzeitig zu erreichen, denn hier tagt mal wieder der Kongress des renommierten Art Directors Club, kurz: ADC genannt. Der wie vielte Kongress bzw. die wie vielte Preisverleihung es ist, habe ich vergessen. Bis 2005 hätte ich das aus dem Effeff gewusst. Bis dahin sammelte ich jeden ADC-Ausstellungskatalog – wir sagen Jahrbuch dazu – als Inspirationsquelle und zugegebener Maßen auch, um meine eigenen Arbeiten in rechtem Lichte zu erblicken, im heimischen und/oder unternehmerischen Bücherregal.

Man beachte dabei den stattlichen Umfang von rund 600 Seiten und ein Gewicht von 2 Kilogramm pro Ausgabe. Nach 2005 übernahm das Archivieren der Kataloge bzw. deren Inhalte, für mich das Internet. In meinen Bücherregalen gab es folglich mehr Platz und das endlose Hin und Hertragen der kiloschweren Kataloge von einem Kreativ-meeting ins nächste, wurde durch einige wenige Mausklicks ersetzt. Welch eine Innovation! Womit wir wieder beim Thema wären, denn mit genau diesem beschäftigte sich der ADC-Kongress 2014: Innovation.

Für mich Grund genug, um eine Gruppe von Studenten für dieses Event zu begeistern und gemeinsam mit Ihnen einen, der so wichtigen Blicke über den gestalterischen Tellerrand zu wagen.

Angekommen im alten Güterbahnhof des Hamburger Oberhafenquatiers, waren wir uns nicht sicher, auf der richtigen Veranstaltung zu sein, denn  unzählige Bodyguards einer Security-Firma und meterlange Absperrzäune, assoziierten eher eine konterminierte Sperrzone, als ein Kreativ-Event. Auch die Personen vor uns, die in der Warteschlange Ihre Kongress-Tickets  für satte 800 € pro Ticket in bar bezahlten, konnten diesen Eindruck schwer mindern.

Der Kongress selbst – mit spannenden Vorträgen von namenhaften Kreativen– blieb für uns ersehnt, jedoch finanziell unerreicht. Aber das wussten wir schon vorher. Unser Ticket für die große ADC-Ausstellung, kostete 14 € und eröffnete uns einen Blick in und auf 7.200 Anzeigen, Plakate, TV- und Kinospots, Editorialbeiträge, Illustrationen, Fotografien, Design, Websites, Events, Dialogmarketing – eingereicht von Einzelkämpfern, nationalen Werbeagenturen oder internationalen Netzwerken.

Zugleich gab es auch das Beste aus einem kreativen Studienjahr zu sehen, denn Studierende kreativer Fachrichtungen präsentierten auf dem Festival gelungene Semester- und Abschlussarbeiten.

Statt gewohnter analoger Beschriftung, lieferte ein digitales Leitsystem mittels QR-Code-App, alle nötigen Informationen zu den ausgestellten Arbeiten direkt aufs iPhone und ermöglichte zudem die individuelle Vergabe von Punkten (heute sagt man wohl „Likes“ dazu) für besonders außergewöhnlich Beiträge, welche zur Wahl des First ADC Publikums-Nagels (in der Werbung werden Nägel als Trophäen vergeben) führten.

Bei der Unmenge an visuellen Beiträgen, war ich überaus froh über diese App, denn sie ersparte mir Seitenweise handschriftliche Notizen, welche ich mir für gewöhnlich auf solchen Veranstaltungen zu Arbeiten und ihren Urhebern mache. Rätselhaft ist mir allerdings, ob die Veranstalter der Ausstellung je getestet haben, wie viele der 7.200 Arbeiten man scannen und digital studieren kann, bevor die Batterie des iPhones seinen geist aufgibt. Ich jedenfalls stand nach  gefühlten 5.000 gescannten Arbeiten, mit einem leeren Akku da. Meine Suche nach Papier und Stift, erwies sich – bei einem, man bedenke „Kreativfestival“ – als wirkliche Herausforderung, so dass ich die Ausstellung mit unvollständigen Notizen verließ.

Wir Designer sind (fast alle) Jäger und Sammler. Und wer selbst sammelt, versteht was Unvollständigkeit bedeutet. Auf der Heimfahrt von Hamburg nach Berlin ließen mich also die 2.200 nicht notierten Arbeiten bzw. die Informationen zu den Arbeiten, nicht ruhen. Ich wäre in den kommenden Tagen erneut nach Hamburg gefahren, um zu tun, was getan werden musste, wäre mir da nicht ein Relikt aus früheren Zeiten wieder eingefallen. Ob es sie noch gibt?

Daheim am Rechner offerierte mir das Netz die Antwort auf meine Frage: „Jetzt vorbestellen. Für nur 78 €.“ So räumte ich noch am selben Abend vorsorglich einen neuen Platz in meinem Bücherregal frei – für 688 gedruckte Seiten des „ADC Jahrbuchs 2014“. Wirkliche Innovation.