DESIGNER IM HYBRIDRAUM II
07.07.2015
»Ohne dass wir es merken digitalisiert uns das Netz. Wir lassen uns scannen wie ein Buch und landen als Teil der Datenwolke unsterblich im digitalen Weltnetzwerk.« [1]
Sebastian Ibler untersuchte in seiner Bachelor-Thesis seine sozialen- und symbolischen Identitäten im virtuell-vernetzten Raum. In einem Doppelbuch mit dem Titel ›Simulakrum‹ stellte er zunächst sein ›ICH (Persona)‹ dem ›ES (Digitaler Fußabdruck)‹, als künstliches Destillat seiner digitalen Entität synchron korrespondierend gegenüber, um die beiden Pole am Ende in einer Hyperrealität verschmelzen zu lassen, in der zwischen authentischen und simulierten Ereignissen nicht mehr unterschieden werden kann.
In umfangreichen Recherche Maßnamen setzte er sich mit thematisch korrespondierenden wissenschaftlichen- und literarischen Abhandlungen von Jean Baudrilliard (Simulationstheorie), Rudi Klausnitzer, Rick Smolan, Malte Spitz, Erich Fromm, Dara Halinan, Uwe Jean Heuser, Joe Flower, und Anthony Adams auseinander. Ein weiteres Augenmerk seiner Recherche galt gegenwärtigen Medienkunst Formen, wie Video-, Interactive Art, Generative Art und Performance Art. Er erkundete seine Ich-Struktur, ließ seine DNA vermessen, beobachtete und protokollierte seine Umwelt mit Smart Glasses, erforschte seinen gegenwärtigen digitalen Fußabdruck im Netz und entwickelte parallel dazu eine Medieninstallation, in der die Besucher seines ›Fogscreens‹ ihrem virtuellen Abbild, ihrem ›synthetischem Golem‹ begegneten.
Eine Nebelmaschine in einem ›Black Lab‹ erzeugte eine unsichtbare (auch durchschreitbare) Projektionsfläche. Die Bewegungsmuster der Besucher wurden über einen Kinect-Sensor [2] abgetastet und ausgelesen, die ausgewerteten Infrarotsignale der berechneten 3D-Bilder in Graustufen umgewandelt, grob gerastert und per Rückprojektion auf eine Nebelwand projiziert. Die abstrahierte Projektionslösung symbolisierte so den unfertigen, in peramanenter Metamorphose befindlichen, digitalen Footprint.
Auf seiner Reise zu seinem erweiterten ›ICH‹ untersuchte Sebastian Ibler Synergien und Disruptionen zunehmend konnektiver Prozesse, in der Fusion von Mensch und Maschine, von Kreativität und Technologie. In seiner Arbeit wird der Wunsch nach sozialer- und kultureller Kreativität sichtbar, um mit den Mitteln der visuellen Kommunikation aufzuklären und auf gesellschaftliche Problemzonen hinzuweisen.
Im Epilog seines Buches schreibt er: ›Ich begann die Arbeit mit einer naiven Vorstellung der digitalen Welt. […] Natürlich besaß ich eine ungefähre Vorstellung des Internets, dessen was digital bereits möglich ist, doch war mir das Ausmaß […] nicht bewusst. Während der Recherche durchlebte ich ein Wechselbad der Gefühle. Ich taumelte von einer Nachricht zur nächsten, ungläubig, neugierig, euphorisch, manchmal verängstigt, manchmal schockiert.‹
[1] Christian Grasse: Mein Digitales Ich, Metrolit, 2013, S.121
[2] Hardware zur Steuerung einer Interaktion über Körperbewegungen, in der Kombination von Tiefensensor, Farbkamera, 3D-Mikrofon und Software