Interaktive Räume - Die virtuelle Erweiterung einer bestehenden Ausstellung
16.01.2015
Das Architekturmuseum Pinakothek der Moderne zeigte 2011/12 die vielbesprochene Ausstellung "Bauen mit Holz - Wege in die Zukunft". Aufgrund der hohen Resonanz wurde die Ausstellung anschliessend in ein kompaktes mobiles Format adaptiert. Seitdem gastiert sie als Wanderausstellung in ganz Deutschland. Präsentationsraum ist ein Holzcontainer von 3x12 Metern. Im Laufe der Zeit entstand die Idee, die mobile Ausstellung durch virtuelle Inhalte und Technologien zu erweitern und somit zusätzliche Informationsebenen zu schaffen. Vier Studenten der MD.H München nahmen sich dieses Themas an.
HINTERGRUND
Die Ausstellung „Bauen mit Holz – Wege in die Zukunft“ widmete sich der wachsenden Bedeutung von Holz als Baumaterial. Das sich seit den 1970er Jahren entwickelnde globale Bewusstsein für eine Schonung der Ressourcen und die Beachtung ökologischer Grundsätze hat auch im Bauwesen ein neues Denken herbeigeführt.[1]
In der Wanderausstellung „schauholz“ wird ein Destillat der ursprünglichen Ausstellung präsentiert – unter anderem besondere Holzbauprojekte sowie Informationen, Grafiken und Bilder zum regenerativen Rohstoff Holz.
PROJEKTENTWICKLUNG
Durch die begrenzte Fläche des „schauholz“-Containers können die Inhalte nicht mehr in der Informationsdichte wie in der Pinakothek der Moderne präsentiert werden. Deshalb wurde versucht, bestimmte Sachverhalte über interaktive, animierte und kontextsensitive Medien und Technologien besser, einfacher und umfangreicher zu vermitteln.
Die Studenten Fabian Gross, Jochen Klaus, Thu Nga Nguyen und Bianca Ramljak entwickelten auf dieser Grundlage vier verschiedene Ansätze:
Augmented Reality
Die Besucher der Ausstellung können durch bereitgestellte Tablets zusätzliche Inhalte abrufen. Maßgebend hierfür ist die nahtlose Verzahnung von statischen und virtuellen Inhalten. Um dies zu ermöglichen, wird die sogenannte „Augmented Reality“-Techno-logie (AR) verwendet – die Realitätswahrnehmung wird computergestützt erweitert.
Hält man zum Beispiel das Tablet über einen Architekturplan, so entspringt dem Plan auf dem Tablet eine dreidimensionale Ansicht des Gebäudes. Der Betrachter kann sich mit dem Tablet um das Gebäude herum bewegen und sogar hineinzoomen. Dadurch ist es möglich, die ausgestellten Objekte plastisch, realitätsnah und emotional zu erfassen. Außerdem lassen sich statische Wandgrafiken animieren und erweitern. Letztendlich können die vorhandenen Inhalte durch die AR-Erweiterung beliebig ausgebaut und komplexer dargestellt werden.
Dynamische Infografik
Die drei Themenkomplexe „Holzvorkommen“, „Holzverwertung“ und „CO2-Bindung“ werden anhand der dynamischen Infografik verständlich in Relation zueinander gesetzt. Durch den kombinierten Einsatz von Bild, Text und Animation kann der Besucher die Inhalte leicht und anschaulich erfassen.
Dies wird durch einen „Live-Ticker“ noch zusätzlich vereinfacht: In Echtzeit sieht und erlebt der Betrachter zum Beispiel, wie viel Holz aktuell nachwächst, welches Volumen an CO2-Emission alleine durch den nachwachsenden Wald gebunden wird oder in welchem Zeitraum das Holz für ein Einfamilienhaus wächst.
App „stadtHolz“
Die Anwendung „stadtHolz“ präsentiert herausragende und nachhaltige Holzbauobjekte im urbanen Raum. Dem User werden diese Objekte in einem bestimmten Umkreis zu seinem Standort angezeigt. Informationen und Daten können direkt abgerufen werden. Mittels GPS wird eine Route angezeigt.
Am Objekt selbst werden durch Augmented Reality weitere Inhalte dargestellt. Somit erhält das Objekt eine virtuelle Informationsebene – Zusammenhänge werden aktuell und transparent vermittelt. Die Idee hinter der App war, die Umgebung und die Exponate live in das Ausstellungskonzept einzubeziehen.
Interaktiver Holzkreislauf
Eine Animation stellt die komplexen Zusammenhänge des Holzkreislaufs dar. Kernelemente sind die Forstwirtschaft, die Holzernte, der stoffliche und energetische Nutzen von Holz sowie die Wiederverwertung und Rückführung. Dabei wird einerseits die sehr gute Ökobilanz von Holz als CO2-Speicher und Substitutionsbaustoff beleuchtet, andererseits die wichtige Rolle von Forstwirtschaft und Holzverwendung bei der Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen gezeigt.
Die einzelnen Stationen sind durch animierte Illustrationen und Piktogramme dargestellt. Der sukzessive Aufbau erklärt Schritt für Schritt die Zusammenhänge und die Bedeutung des Kreislaufs. Durch Touch-Interaktion lassen sich weitere Informationen abrufen oder einzelne Passagen wiederholen.
FAZIT
Die Arbeit zeigt in vielerlei Hinsicht gute Möglichkeiten, den realen Raum durch virtuelle Inhalte zu erweitern. Dadurch eröffnen sich innovative Wege der Präsentation und Vermittlung von Wissen. Der Einsatz der beschriebenen Medien und Technologien erhöht zudem die Qualität des Erlebens und der Wahrnehmung der Ausstellungsinhalte (Steigerung der User Experience). Die verschiedenen Ideen zeigen vielschichtige Ansätze, wie der moderne Mediadesigner durch neue Werkzeuge und Mittel unser Umfeld informativer, erlebnisreicher und transparenter gestaltet.
Quellen:
[1] www.proholz-bayern.de/wege-in-die-zukunft.html
Zitat aus dem Buch: Bauen mit Holz - Wege in die Zukunft: Hermann Kaufmann, Fachgebiet Holzbau, TU München und Winfried Nerdinger, Architekturmuseum der TU München
Bildnachweis:
Abbildung 1: www.proholz-bayern.de/nachlese.html
Abbildungen 2-5: Studienarbeit „Interactive Environments“, MDH München, F. Gross, J. Klaus, T. N. Nguyen und B. Ramljak