Mode auf neuen Wegen
29.03.2016
Seit einigen Jahren drängen Modedesigner in die Museen, um ihre Kollektionen und ihre Arbeiten zu präsentieren. Dieser Schritt kann nur begrüßt werden, bietet sich durch die museale Performance endlich die Chance den Facettenreichtum und die hohe Kreativität und künstlerische Leistung in der Mode angemessen darzustellen. Ein breites Publikum strömt zuhauf in die Ausstellungen in New York, London, Paris, Antwerpen, Bonn, Berlin, München oder Frankfurt und zeigen sehr großes Interesse an Mode und der neuen Art, sich mit ihr auseinandersetzen zu können.
Gerade in Zeiten von Fast Fashion und immer schnelleren Kollektionszyklen, bei der nachhaltiges Denken und Handeln nicht nur in der Produktion, sondern auch bei der Gestaltung kaum eine Rolle spielen, können die neuen Präsentationsformen einen Gegentrend initiieren. Die Nutzung des Museums bietet dem Modedesigner und dem interessierten Besucher durch gezielte Entschleunigung einen neuen Zugang zur Mode. Endlich Zeit für Reflektion, für den zweiten Blick, den Perspektivwechsel und die Möglichkeit den komplexen Entstehungsprozess von Mode anschaulich zu illustrieren und nachzuvollziehen. Die kreative, künstlerische und gestalterische Leistung tritt damit in den Vordergrund und setzt einen Akzent gegen den Konsum von Mode als Massenware.
Die Ausstellungen über Jean Paul Gaultier in der Kunsthalle München (2015), „Parallele Gegensätze“ von Karl Lagerfeld im Museum Zeche Zollverein Essen (2014), „Karl Lagerfeld. Modemethode“ in der Bonner Kunsthalle (2015), „Mode aus dem Off“ von Azzedine Alaia im NRW-Forum Düsseldorf (2013), „Dream the World Awake“ im MoMu Antwerpen mit Walter Van Beirendonck (2012) oder die Ausstellung über Alexander McQueen „Savage Beauty“ im Metropolitan Museum of Art in New York (2011) sowie im V&A in London (2015) mit bis zu 600.000 Besuchern zeigen ein breites Interesse und den Wunsch sich fundiert mit Mode und ihren Machern auseinanderzusetzen.
In herausgehobener Form nutzt der deutsch-griechische Designer Kostas Murkudis das Museum als Plattform für seine Kreationen. Er hat sich bereits im Jahr 2009 von den Zyklen der Modeindustrie befreit und wandelt seither als Grenzgänger zwischen Kunst und Mode. Er beherrscht den Spagat auf der einen Seite Kollektionen für die kommerzielle Modewirtschaft zu entwerfen und schafft sich auf der anderen Seite Räume für rein künstlerisch freie Arbeiten. Seine ‚Laborkollektionen‘ entstehen losgelöst von Modetrends und -rhythmen, sie bieten ein Experimentierfeld und dienen ausschließlich der Herstellung von Unikaten.
Diese Form der Auseinandersetzung mit Mode bringt Murkudis ins Museum; seine Arbeiten brauchen keinen Laufsteg. Schon 2010 arbeitete Murkudis mit dem MMK in Frankfurt zusammen und entwickelte gemeinsam mit dem Künstler Carsten Nicolai eine multimediale Modenschau „NOT in Fashion“ (https://www.youtube.com/watch?v=do-fn7X4NGQ). Murkudis lässt seine Kreationen mit der künstlerischen Arbeit von Nicolai verschmelzen und stellt dabei seine Mode sogar in den Hintergrund.
Aktuell läuft die neue Ausstellung von Kostas Murkudis in der er den performativen Charakter seiner Mode weiter steigert und seinen Bruch mit den Konventionen der Modewelt perpetuiert. In der Ausstellung „Tuchfühlung“ im MMK2 Frankfurt, die noch bis 14. Februar 2016 zu sehen ist, präsentiert er Teile seine Kollektion „unangezogen“, indem er die Kleidungsstücke zu abstrakten Formen drapiert und seine Objekte einfach auf der Ausstellungsfläche als Bodeninstallation arrangiert. Generell ist die Art der Präsentation seiner Arbeiten sehr intim. Seine Objekte sind greifbar, nichts ist hinter Glas verborgen oder in Vitrinen geschützt. Murkudis überwindet damit die Distanz zwischen seinen Kreationen und dem Betrachter, der endlich einmal ganz nah an die Mode herantreten kann.