Berufung von Martina Weiß als Professorin für Modemanagement
06.03.2015
Mit ihrer Antrittsvorlesung „Kreativität und Management – Über das (Un-)Verständnis von Kreativität im Unternehmen“ beleuchtete Martina Weiß insbesondere Kreativität als gefragte Eigenschaft von Führungskräften und stellte fest, dass Unternehmen ohne die oft missverstandene Qualität im aktuellen Wandel hin zur Wissensgesellschaft nicht erfolgreich sein können.
„Kreativität ist DIE Schlüsselfähigkeit im 21. Jahrhundert.“ Da wir heute in einer Epoche leben, in der die Wirtschaft auf Wissen und Innovationskraft basiert, hat Kreativität einen bedeutenden Anteil am wirtschaftlichen Erfolg. Das gilt nicht nur aber speziell auch für die Modebranche, deren Lebenszyklen immer kürzer werden.
In Unternehmen fühlen sich viele Designer unverstanden und ausgebremst, für das Management sind Kreative oft nicht greifbar, weil sie zu exotisch sind und sich nicht an Regeln halten. In deutschen Modeunternehmen sei der offen gezeigte Respekt gegenüber den Designern und ihrer Leistungen eher die Ausnahme, so die Beobachtungen von Martina Weiß. Daher sind auch nur wenige Designer in der Führungsspitze deutscher Modeunternehmen anzutreffen. Dabei „sollten doch alle an einem Strang ziehen – auch Designer wollen eine Kollektion, die sich gut verkauft, auch Manager ein innovatives Produkt“, so Weiß.
Als diplomierte Designerin und langjährige Produktmanagerin für internationale Modelabels aus dem Luxus- und Premium- Segment besitzt Martina Weiß jahrelange Erfahrungen in beiden Bereichen. Daher weiß sie auch aus eigener Erfahrung, dass der individuelle Blickwinkel ganz entscheidend für ein kreatives Management ist. Bevor sie in ihren Ausführungen auf die zentrale Fragestellung eingeht, was ein kreatives Management ausmacht, beleuchtet sie die neuesten Erkenntnisse in der Hirnforschung und geht den Fragen nach, was Kreativität bedeutet und wie sie entsteht.
Kreativität ist das Ergebnis eines Denk- oder Entwicklungsprozesses, das in eine Abweichung von der Norm mündet. Wir machen oder denken etwas Neues oder kombinieren bestehende Elemente neu. Das Ergebnis muss für jemanden wertvoll oder nützlich sein. Ob etwas neu oder sinnvoll ist, ist jedoch vom Betrachtungskontext abhängig. Gerade in der Mode ist der richtige Zeitpunkt äußerst wichtig, um nicht zu weit voraus zu sein, aber auch nicht zu nah am Konventionellen.
Wie entsteht Kreativität? Kreativität entsteht über die Vernetzung von Nervenzellen im Gehirn. Lassen wir unser Gehirn arbeiten, bilden sich Synapsen, die sich ähnlich einem Muskel auch wieder abbauen, wenn das Gehirn nicht trainiert wird. Allerdings lassen die Synapsen einen kleinen Spalt zwischen den Nervenzellen, der durch den Fluss chemischer Verbindungen, den sogenannten Neurotransmittern, überbrückt wird. Von denen ist Serotonin, das bei Freude und Lachen produziert wird, einer der wichtigsten. Der Serotoninfluss ist unterbrochen, wenn wir niedergeschlagen, deprimiert oder gestresst sind. Wir sind dann im wahrsten Sinn des Wortes „blockiert“. Eine weitere wichtige Erkenntnis ist, dass wir besonders kreativ sind, wenn es gelingt, so viele Gehirnbereiche wie möglich in Denkprozesse einzubeziehen. Je vernetzter das Denken, desto besser. Ein weiteres Merkmal von Superkreativen ist das divergente Denken, mit dem sie offen, unsystematisch und experimentierfreudig an eine Herausforderung gehen. Zudem ist ihr Gehirn ist ständig und allzeit auf Empfang, um Sinnesreize von außen aufzunehmen.
Im Auditorium mit den Studierenden und Professoren zahlreicher anderer Fachbereiche und Vertretern der Hochschulleitung kann man eine Stecknadel fallen hören bei den detaillierten Ausführungen, die jeden Zuhörer auf seine ganz individuelle Art und Weise berühren. Als Martina Weiß zum Kern ihrer Überlegungen kommt, was ein Manager von einem Kreativen lernen kann, ist klar, dass das Thema jeden betrifft.
Manager sind häufig in ihren Plänen und Planungen erstarrt. Daher ist es bedeutend, wenn eine neue Idee entsteht, erst einmal keine Angst vor dem ersten Schritt zu haben. Ist der getan, dann gilt es, Schritt für Schritt voran zu gehen. Des Weiteren ist es wichtig, die Dinge erst einmal wertfrei zu betrachten. Wertfrei an Dinge heranzugehen, heißt aber auch, sich mit bestehenden Ideen auseinanderzusetzen, ohne diese gleich als veraltet, überholt, unstimmig zu verurteilen.
Wertfrei darf am Ende nicht bedeuten, unendlich lange an unsinnigen Ideen festzuhalten. Wenn eine Idee nichts taugt, ist es egal, wie viel Zeit schon investiert wurde. Zudem muss eine Kultur geschaffen werden, in der es keine Angst vor Fehlern gibt und in der es um die Akzeptanz von Kontrollverlust Regelfreiheit geht.
Dass sich die Herangehensweise von Kreativen tatsächlich ins Management übertragen lässt und das Kennzeichen von innovativen Führungskräften ist, zeigt eine Studie von drei Professoren von MBA-Schmieden in Frankreich und den USA, die Martina Weiß zum Abschluss ihrer Rede zitiert. Demnach unterscheiden sich innovative Führungskräfte von nicht-innovativen durch folgende fünf Fähigkeiten: Infragestellen, Beobachten, Experimentieren, Networking, und Verknüpfen.
Prof. Martina Weiß, die ihr eigenes Studium an der Universität der Künste in Berlin, in der Klasse von Prof. Vivienne Westwood abschloss und mehr als zehn Jahre als Designerin, u.a. für Wunderkind und JOOP!, sowie als Produktmanagerin für internationale Labels tätig war, verstärkt das MD.H Professorenteam am Standort München im Zuge des Ausbaus des Fachbereichs Modemanagement. Mit ihrer sympathischen Art ist sie ihrem Ziel, Begeisterung bei ihren Studenten und Studentinnen für die heutige, vielschichtige Mode-Welt zu wecken und Hintergrundwissen zu vermitteln, bereits in zahlreichen Lehrveranstaltungen nahe gekommen. Auch um die besondere Vernetzung von Modedesign und Modemanagement hat sie sich vom ersten Tag an der MD.H als engagierte Botschafterin zwischen den Fachbereichen verdient gemacht.